Rajasthan - Nordindien
Chittorgarh - Pushkar
Nicht weit von Udaipur halten wir in Chittorgarh, einer kleinen Stadt im Schutz eines mächtigen Bergrückens. Bis zum Jahr 1567 war Chittorgarh die Hauptstadt des großen Rajputen-Fürstentums Mewar. Die hier lebenden Rajputen waren ein Kriegsvolk, dass sich durch Ritterlichkeit, Mut, Stolz und Ehrgefühl auszeichnete. Mewar wurde mehrfach von Muslimen erobert. Wenn die Niederlage im Kampf nicht mehr abzuwenden war befolgten die Rajputen einen Ehrenkodex: die Frauen und Kinder sollen freiwillig in den Flammentod (jauhar) gegangen sein, die Männer starben im aussichtslosen Kampf gegen die Eroberer. Kurz bevor der Mogulkaiser Akbar 1567 Chittorgarh belagerte, verließ der Rajputen- fürst Udai Singh die Stadt und verlegte die Hauptstadt nach Udaipur. Akbar nahm die Festung 1568 ein. Er setzte sich für ein friedliches Nebeneinander von Hinduisten und Islamisten ein indem er sich mit hinduistischen Rajputen-Prinzessinnen verheiratete und hohe Ämter an Rajputen und andere Hindus vergab. Die Festung liegt auf dem Bergplateau und ist von mächtigen Mauern mit neun Toren umgeben. Wir fahren in Tuktuks die Serpentinenstraße hinauf und verweilen beim Rundgang durch die Ruinenstadt. Zahlreiche imposante Tempel und Palastruinen umgeben den Siegesturm 'Vijaya Stambha' in der weitläufigen Anlage hoch über der neuen Stadt. Überall sind Handwerker tätig, die vergangene Pracht zu restaurieren. Nach dem Ausflug in fremde Geschichte und Legenden fahren wir stundenlang nach Pushkar, einer kleinen Wüstenstadt am heiligen Pushkarsee. Hierher pilgern viele gläubige Hindus, um sich reinzuwaschen und ihre Familie und Gesundheit zu segnen. Dies wird in speziellen Pujas von in Pushkar ansässigen Brahmanen vorgenommen. Als Zeichen der Segnung bekommt man ein Band ums Handgelenk gebunden und einen Punkt auf die Stirn gemalt. Im Bus verteilt unsere Reiseleiterin den "Pushkar Pass", jenes bunte Bändchen, das uns vor scheinheiligen Segnern schützen soll. Im Hotel Master Paradise beziehen wir schnell unsere Zimmer und laufen in der Abendsonne zum See, dessen Ufer mit zahlreichen Tempeln und Ghats umbaut sind. Wir werden freundlich gebeten, Blumen in den See zu werfen und merken zu spät, dass wir shon mittendrin sind in einer Zeremonie zum Empfang des Segens. Was solls, wir lassen uns darauf ein- sprechen die Verse nach, schmücken den See mit Blüten, empfangen den Punkt auf der Stirn und das Bändchen und feilschen abschließend um den Preis der Aktion. Unser Unheiliger will 30 EUR pro Person, wir einigen uns schließlich bei 100 Rupien und verabschieden uns im Einklang mit dem gegenseitigen Namaste. Der Weg führt weiter entlang einer engen Hauptstraße mit massig vielen Touristen, buntem Geschäftstreiben und vielen Restaurants. Es soll in der heiligen Stadt keinen Alkohol geben, dafür kann man hier fast legal Marihuana konsumieren. Und tatsächlich kommen wir uns vor, als seien wir in die Hippiezeit versetzt. Die Stadt ist voll von jungen Leuten, darunter zahlreiche Backpacker, deren Bekleidung und gute Laune an die flower power Zeit erinnert. Wir lassen den Tag ausklingen bei einem vegetarischen Mahl zu Cola auf der Dachterrasse eines Restaurants mit Blick auf den See, immer auf der Hut vor der Gesellschaft von Affen.
Jaipur
Am nächsten Morgen fahren wir in die pulsierende Hauptstadt Rajasthans nach Jaipur. Hier bekommt unsere Reise den Charakter einer Kaffeefahrt. Zuerst besuchen wir eine Fabrik, in der Stoffe bedruckt werden, dann eine Papierfabrik, einen Teppichhandel und eine Juwelierhandlung. Bei jeder Station wird das Handwerk und die Technik vorgestellt, bevor es in die Verkaufsräume geht. Nach dem Einkaufsrummel beziehen wir unser Zimmer im Sikar Haveli, ein schönes, etwas heruntergekommenes Haus am Rande der Altstadt. Zum Abendessen fahren wir mit unserem Bus zum Hotel Pearl Palace. In den engen Straßen hängen die Elektroleitungen so niedrig, dass der Assistent des Busfahrers mehrfach aufs Dach muss, um die Leitungen freizuhalten. Am nächsten Tag widmen wir uns der Stadt, die den Beinamen "pink city" trägt. Die Bezeichnung ist abgeleitet von der Farbe des Sandsteins, aus dem die Gebäude der Altstadt und die Stadtmauer erbaut sind. Wir sehen kein Pink sondern das warme, erdige Terrakotta des Sandsteins.
Fatehpur Sikri - Agra
Wir verlassen Rajasthan und kommen zurück in den Bundesstaat Uttar Pradesh nach Fatehpur Sikri. Einer Legende nach sollen dem Großmogul Akbar durch einen Heiligen in Sikri drei Söhne vorausgesagt worden sein. Als die Prophezeiung sich erfüllte, ließ Akbar zu Ehren des Heiligen in Sikri eine neue Hauptstadt erbauen. Wenige Jahre später gab er die Hauptstadt wegen schlechter Wasserversorgung wieder auf. Die gut erhaltene, alte Palastanlage liegt auf einer Anhöhe über der Stadt. Für Besucher ist für die kurze Wegstrecke ein Busshuttle eingerichtet. Auf dem Weg vom Shuttle zum großen Eingangstor sind wir umringt von Strassenhändlern, die billige Souvenirs oder Schmuck anbieten. Kinder weichen uns nicht von der Seite. Sie sagen gebetsmühlengleich ihren Betteltext auf, und lachen verschmitzt dabei. Sie wissen, dass sie schwer zu ignorieren sind und hoffen auf Erfolg. Zur Anlage gehören mehrere Paläste und Innenhöfe, die aus rotem Sandstein erbaut sind. Im ersten Innenhof hebt sich eine aus weißem Marmor erbaute, große Moschee deutlich von den anderen Gebäuden ab. Der Besucherandrang ist riesig und die Stimmung ist entspannt. Nach dem Besuch fahren wir weiter nach Agra, die durch das Taj Mahal und das Rote Fort bekannte Stadt am Yamuna Fluss. Die Ankunft in Agra ist enttäuschend. Obwohl die Stadt mehrere zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Stätten aufweist und Jahr für Jahr zahllose Touristen beherbergt ist der Verfall der städtischen Gebäude und Infrastruktur nicht zu übersehen. Dagegen wirken das Taj Mahal und das Rote Fort wie Oasen im Dschungel. Vor dem Besuch des Taj Mahals muss man strenge Sicherheitskontrollen durchlaufen. Dann geht man durch ein großes Eingangstor und genießt den Blick auf den weiß strahlenden Marmorbau hinter Wasserspielen so, wie man ihn von Postkarten oder aus den Medien kennt. Die Anlage ließ der Großmogul Shah Jahan zum Gedenken an seine Hauptfrau Mumtaz Mahal bauen.
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