Indonesien
Wenn uns das Fernweh plagt blättern wir in Reisekatalogen bis das Ziel der Sehnsucht gefunden ist, dann wird gebucht. Im November 2011 sagen wir Deutschland Ade. Mit einer 20-köpfigen Reisegruppe begeben wir uns auf Entdeckungsreise nach Indonesien. In einem modernen, klimatisierten Reisebus fahren wir in 16 Tagen ca. 1500 km von Jakarta im Westen Javas nach Ubud im Zentrum der Insel Bali. Wir haben auf dieser Reise großartige Landschaft mit üppiger Vegetation gesehen und wir trafen aufgeschlossene, freundliche, lebensfrohe Menschen.Jakarta
Wir fliegen mit Malaysia Airlines etwa 15 Stunden von Frankfurt über Kuala Lumpur nach Jakarta. Am Flughafen tauschen wir 200 EUR zum Kurs 1:12000 und nehmen respektvoll 2.4 Millionen Indonesische Rupiah entgegen. Endlich im Freien spüren wir das ungewohnte, feuchtwarme Klima der hiesigen Regenzeit und kommen schnell ins Schwitzen. Mit dem Bus fahren wir nach Kota in das Hotel Batavia, ein in die Jahre gekommener, gut erhaltener Prachtbau aus der Kolonaialzeit.Anfang des 17. Jahrhunderts nahm die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC - Vereenigde Oostindische Compagnie) die indonesische Hafenstadt in Besitz und benannte sie nach dem Fort Batavia. Sie wurde Hauptstadt der Kolonie Niederländisch-Indien. Von Batavia aus kontrollierten die Niederlande Anfang des 18. Jahrhunderts bereits ganz Java, Teile Sumatras und die Molukken. Nach der Insolvenz der Ostindien-Kompanie 1799 übernahm der niederländische Staat die gesamte Kolonie. 1811, nach einem britischen Angriff, war Batavia 5 Jahre lang unter britischer Herrschaft. Doch im Laufe des 19. Jahrhunderts festigten die Niederlande ihre ökonomische und politische Macht über den gesamten Archipel und mit der Eröffnung des Sueskanals 1869 kamen immer mehr Europäer nach Batavia. Während des Zweiten Weltkrieges besetzten japanische Streitkräfte Batavia und zwangen die Niederländer zur Kapitulation. Am 8. August 1942 wurde Batavia in Jakarta umbenannt. Die Herrschaft der Japaner endete mit ihrer Kapitulation am 15. August 1945.
Unsere Reiseleiterin führt uns vom Hotel zum alten Frachtenseglerhafen Sunda Kelapa. Wir erfahren, dass die Hälfte der 18 Mio Einwohner Jakartas unter dem Exiztensminimum lebt und es den Menschen in dieser Gegend vergleichbar gut gehen soll - was ein für Widerspruch zu unserem Empfinden. Die Behausungen und Gerüche erinnern an Slums, aber die Kinder lachen und die Erwachsenen begegnen uns freundlich. Wir erleben eine abenteuerliche Hafenrundfahrt in kleinen Holzbooten mit veralteten Motoren. Dabei erleben wir die Geschicklichkeit der Kinder, die Motoren am laufen zu halten und die Boote durch den das Wasser vollständig bedeckenden Müll zu steuern. Die Frachtensegler (Pinisi) haben auch schon bessere Zeiten gesehen. Dennoch können wir uns vorstellen, dass diese Schiffe als Handelsschiffe auf den Weltmeeren unterwegs waren und sind. Zum Abendessen trifft sich die Gruppe im Cafe Batavia, empfohlen wegen ausgezeichneter einheimischer Küche. Die wurde uns leider wegen einer Hochzeitsfeier nicht angeboten. In stilvollem Ambiente bei europäischer Küche lernt sich die Reisegruppe etwas näher kennen.
Jakarta - Pangandaran
Der erste lange Reisetag liegt vor uns. Wir verlassen Jakarta und fahren 11 Std vom Nordwesten Javas nach Pangandaran im Südwesten der Insel. Die Wegstrecke führt anfangs auf der Autobahn bis Bandang, danach durch ein kurzes Stück unbesiedelte Landschaft mit dem Blick auf Reisterassenfelder, die sich die Vulkankegel entlang hangeln. Die Strasse verläuft in steilen Serpentinen die Vulkanberge hinauf und hinab. Hinter Bandung ist der Strassenrand dicht besiedelt mit Bambushütten und Imbiss- oder Verkaufsständen. Im dichten Strassenverkehr schlängeln sich vor allem zahlreiche Mopeds, teils mit 3-er Besatzung und teils ohne Licht abenteuerlich zwischen den Autos, Bussen und LKWs durch. Wie erleben den ersten wolkenbruchartigen Regenguss während des Mittagsaufenthalts in einem Dorf an der Hauptstrasse. Es gibt köstliche Nudelsuppe (Mie Kuah) und Kaffee. Es regnet weiter bis zur Ankunft in unserem Hotel Sunrise Beach. Das Hotel liegt direkt am Meer. Die Anlage ist einladend und sehr gepflegt. Unser Zimmer bietet uns einen Balkonmit Meerblick und Meeresrauschen. Der Urlaub hat nach den langen Anreisewegen endlich begonnen. Im Meer zu baden ist wegen starker Strömung nicht empfohlen. Der Sage nach soll hier die Göttin Ratu Kibul (wörtlich Königin des Südens) im Meer leben und manchmal ausreiten. Die Fischer respektieren deren Ausritt und fahren freitags nicht zum fischen aufs Meer. Die Strömung fordert jedes Jahr mehrere Menschenleben.Wir buchen eine Fahrradrikscha (indonesisch Becak) Tour. Für 10 EUR pP werden wir ca. 5 Stunden in einer Becak chauffiert. Durch die Stadt führt der Weg in ein Dorf im Hinterland. Auf schattigen Wegen, gespendet von Kokospalmen, Akazienbäumen und Bambussträuchern fahren wir an kleinen Holzhäusern vorbei, teils sind das schöne "Villen". Wie im Garten Eden blühen wild wachsende Orchideen in leuchtenden Farben. Wir besuchen verschiedene Manufakturen und lassen uns zeigen, wie Palmzucker aus dem Nektar der Kokospalme, Tofu und Tempe, eine Speise aus fermentierten Soja Bohnen, hergestellt werden. Und wir schauen zu bei der Herstellung von Krabbenchips, genannt Krupuk. Die dargebotenen Kostproben werden von uns nur zögerlich in Kleinstmengen angenommen. Ein Höhepunkt der Tour ist der Besuch bei einem Puppenspieler, der die Stabpuppen im Familienbetrieb auch selbst herstellt. Meist sind es Figuren aus dem Ramanyana, einem indonesischen Nationalepos. Die Puppen werden aus Balsaholz geschnitzt, dann kunstvoll bemalt und gekleidet. Im Ausstellungs- und Verkaufsraum werden wir Zeuge bei einer kurzen Vorführung der Kunst, den Stabpuppen Leben einzuhauchen. Mit Geschick werden die Stäbe schnell geführt und Gefühle wie Liebe, Stolz, Neid oder Falschheit sind aus den Bewegungen der Puppengesichter- und Gliedmaßen ablesbar. Das ist sehr beeindruckend. Zurück im Hotel beginnt wieder der sinnflutartige Regen. Die Sicht ist durch die Nebelnässe stark getrübt, das Meer ist nicht mehr zu sehen- nur die wuchtigen Brandungswellen sind zu hören. Es ist Zeit für eine Siesta. Am nächsten Morgen scheint die Sonne erbarmungslos vom klaren Himmel. Wir sind im Natioalpark Taman Wisata allein unterwegs. Wir laufen auf schattigen Wegen an der Küste entlang. Wir sehen Affen, Rotwild, einen Waran, Meerkatzen in den Wipfeln der Bäume und Fledermäuse in kühlen Kalksteinhöhlen. Am Nachmittag ist wieder Erholungszeit in der Hotelanlage - es regnet.
Pangandaran - Wonosobo - Dieng Plateau - Borobudur
Wir verlassen die Küste und Westjava und kommen nach Central Java. Tagesziel ist Wonosobo. Der Ort ist für uns nur Übernachtungsaufenthalt auf dem Weg nach Yogyakarta. Für die Fahrstrecke von 200 km brauchen wir auf der gut ausgebauten Strasse in bergigem Gelände einen ganzen Tag. Am Strassenrand sehen wir die ersten Teakholzbäume. Sie sind erkennbar an dem gerade gewachsenen, grauen Stamm und vor allem an den sehr großen herzförmigen, dunkelgrünen und rauhen Blättern. Die Baumkrone ist schlank und licht. Im Bus erfahren wir mehr über die Bevölkerungsstruktur und Lebensart der Indonesier.Auf Java, Bali und Mandura, die zusammen 7% der Landfläche Indonesiens ausmachen, leben zwei Drittel der Bevölkerung. Java ist fünf mal so dicht besiedelt wie Deutschland. Die hohen Geburtenraten sind problematisch. Die Politik proklamiert deshalb die 2-Kindfamilie zur Eindämmung des Zuwachses - mit wenig Erfolg. Darüberhinhaus gab und gibt es das Transmigrasi Projekt. Eine staatlich gelenkte Umsiedlung auf die Außeninseln. Da Indonesien aus einem Völkergemisch von 360 Ethnien besteht, die sich in religiöser, kultureller und sozialer Herkunft erheblich unterscheiden, birgt dieses Projekt neuen Sprengstoff.
Wir kommen am Abend in Wonosobo an und es gießt plötzlich als hätte der Himmel die Schleusentore geöffnet. Am nächsten Morgen lernen wir Ani kennen, unseren Guide auf dem Dieng-Plateau. Ani ist eine junge Frau mit drei Kindern. Seit sieben Jahren arbeitet sie selbstständig als Guide und kann jetzt gut davon leben. Das Dieng-Plateau liegt auf 2.093 m Höhe. Das vulkanisch aktive Plateau ist eine sumpfige Caldera eines kollabierten Vulkans. Wir fahren mit zwei Kleinbussen steil bergan, vorbei an Terassenfeldern, auf denen Tee, Zwiebeln, Mais, Tomaten, Kohl und vor allem Kartoffeln angebaut werden. Das Plateau ist von kleinen Seen und Kratern durchsetzt. Am Eingang des Plateaus befindet sich der Arjuna Tempel, die älteste hinduistische Tempelanlage auf Java. Die überschaubare Anlage besteht aus vier Hauptempel und einem weiteren Tempel auf dem nahe gelegenen Berg. Auf dem Weg zum Schlammsee steigt uns der typische Schwefelgeruch nach faulen Eiern in die Nase. Das gepriesene Farbenspiel der beiden Bergseen erleben wir nicht so überwältigend aber immerhin türkies. Am Nachmittag besichtigen wir das größte buddhistische Baudenkmal der Welt, die Tempelanlage Borobudur. In einer größzügigen Parkanlage erhebt sich mittig, einer Stupa nachempfunden, auf fast quadratischem Grund ein Tempelberg. Über neun steinerne Terassen hinweg werden der Weltenberg Meru sowie die Lebens- und Reinkarnationsphasen Buddhas auf Reliefs nachdargestellt. Hier finden sich über 800 Buddhastatuen, die gekrönt im obersten, größten Stupa die Verkörperung des Nirwana bilden. Wir lassen uns einfangen von der Reise durch die verschiedenen Welten und bestaunen die teils sehr gut erhaltenen Reliefs. Wir sind nicht allein hier. Scharen von Touristen, auch Einheimische und vor allem Schulklassen erklimmen den Weltenberg und wir werden zum gefragten Motiv auf den Erinnerungsfotos der Judendlichen. Am Ausgang sind wir umzingelt von Strassenhändlern, darunter auch Kinder, die ihr Einkommen mit dem Souvenierverkauf aufbessern wollen. Sie sind sehr hartnäckig aber nicht aufdringlich. Nahe am Borobudur besuchen wir noch die kleine Anlage Candi Mendut. Am Eingang steht eine stattliche Würgefeige, die ihren Wirtsbaum vollständig verbirgt. Im Inneren des Tempels sitzt ein großer goldener Buddha auf einem Thron.
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