Bootstour durch Mitteldeutschland
Sa 18.Sep 10, Schwerin
Der Morgen ist kühl. Nach ausgiebigem Duschen und einem raschen Frühstück an Bord geht es wieder in die Stadt. Bei einem kleinen Segleraustatter kaufen wir eine wetterfeste Jacke für Eva. Dann besuchen wir die Austellungen der Kunstsammlung. Wir verweilen bei den Alten und Neuen Meistern und beenden den Besuch in der Ausstellung "Scheinbar vertraut. Holländische Genremalerei". Beim Betrachten der Bilder empfinden wir eine seltsame Ruhe und Freude am Schönen. Nach diesem Kunstgenuss verlassen wir zufrieden das Museeum. Wir sind trotz starkem Regen gut gelaunt und entscheiden uns für eine Stadtrundfahrt mit dem Bus. Mittags hört es auf zu regnen, die Sonne zeigt sich wieder. Unsere Wege trennen sich jetzt. Bernd besichtigt den Schlosspark und Eva besucht den Dom. Am späten Nachmittag treffen wir uns wieder auf dem Boot zur Erholung und Einstimmung auf den Abend. Wir besuchen das 1. Deutsch-Japanische Jazzfestival im Schleswig Holstein Haus. Nach einem guten Schoppen Wein bei "Alfredo" nehmen wir unsere Plätze ein. Wir sind etwas überrascht über die kleine Lokalität. Der Raum wird etwa zur Hälfte durch die Bigband eingenommen. Keine 2m vor uns sitzt die Bläsergruppe. Wir erleben ein phantastisches Konzert. Bandleader und Moderator ist der Kultjazzer Andreas Pasternack aus Rostock. Die japanischen Gäste sind Oriko Oonuki (Gesang), Idesi Nonaka (Kontrabass) und Akoto Deguchi (Piano). Die Zahl der Zuhörer übersteigt nur geringfügig die Zahl der Musiker, die Atmosphäre ist fast familiär beim großartigem Jazz im Wohnzimmer. Ein Grund für die geringe Besucherzahl mag die Parallelveranstaltung gewesen sein. Die Gruppe Silly ist zum Konzert auf der Freilichtbühne. Als unser Konzert beendet ist gehen wir in den Schlosspark und hören als Zaungäste (man will immer noch Eintrittskarten shen) die Zugaben von Silly. Und wieder beschließen wir den Abend im Weinhaus Krömer.
So 19.Sep 10, Von Schwerin nach Parchim
Der Abschied von Schwerin fällt nicht leicht. Wir nehmen uns viel Zeit und legen erst gegen 11:00 Uhr ab. Bei starkem Wind rückwärts aus der Box herauszukommen ist nicht einfach. Durch eine Unachtsamkeit geraten wir mit den Heck hinter die Dalben und vermasseln das Ablegemanöver. Als wir den Schweriner See Richtung Störkanal queren sind schon zahlreiche Segler unterwegs. Es ist Regatta Sonntag. Wir wollen nicht weiter - mittags sind wir an der Hubbrücke Plate und müssen 1 Stunde bis zur Öffnung warten. Den nächsten Aufenthalt gibt es an der Schleuse Banzkow. Der Schleusenwärter mußte aus der Mittagsruhe geweckt werden. Das Elde Dreieck erreichen wir gegen 15:00 Uhr, eine Stunde später passieren wir die Schleuse Garwitz und nach weiteren 2 Stunden die Schleuse Parchim. Wir machen im Hafen Fischerdamm fest. Der Tag war kalt. Wir verlassen das Boot zu einem kurzen Stadtausflug. Das Brauhaus und Hotel Kaiserliches Postamt zeigt ein einladendes Ambiente im Neurenaissance-Stil. Im der Mitte des Restaurants ist ein blankgeputzter kupferner Braukessel zu sehen. Unser Abendessen in diesem Hause ist deftig und fettig und verursacht trotz Verteiler Bauchweh. Wir gehen früh zu Bett. Es regnet die ganze Nacht mehr oder weniger heftig.
Mo 20.Sep 10, Von Parchim nach Plau
Der Regen hört nicht auf, wir legen gegen 9:00 Uhr bei tiefhängenden grauen Wolken ab. Bald passieren wir die Schleuse Neuburg, am Mittag sind wir an der Schleuse Lübz. Wieder müssen wir warten. Und endlich hellt es merklich auf. Die unfreiwillige Pause nutzt Bernd zum "Fäden ziehen" aus Evas verletzter Hand, was ihm super gut gelingt - für mich total schmerzlos. Kurz nach 13:00 Uhr haben wir die Schleuse Lübz passiert und fahren weiter zur Schleuse Bobzin. Die hat mit ca. 7m den höchsten Hub auf der Müritz-Elde-Wasserstrasse. Wir passieren in geringen Abständen noch die Schleusen Barkow und Plau. Um 17:00 Uhr legen wir heute nach 48 km Fahrt im Stadthafen Plau an. Die Marina ist recht groß und erstaunlich gut besucht, die Anlage wirkt gepflegt. Unser allabendlicher Landgang in die Stadt ist relativ kurz. Wir laufen über die Hubbrücke ein Stück auf der Hauptstrasse Richtung Wasserturm und vorbei an der Marienkirche und am Rathaus. Der Reiz der fast menschenleeren Stadt will sich uns nicht so recht erschließen. Wir verbringen den Abend an Bord.
Di 21.Sep 10, Von Plau nach Waren
Direkt hinter der Marina fahren wir in den großen See und nehmen Kurs auf die Südspitze. In der kleinen Marina von Bad Stuer legen wir an. Wir wollen im Tal der Eisvögel auf Entdeckungstour gehen. Die Uferzone ist durch einen Schilfgürtel vom angrenzenden Wald getrennt. In diese Gegend kommt man, um ruhige, entspannte Ferien zu erleben. Wir laufen vorbei an einem Campingplatz und dem von Entengrütze bedeckten Dorfteich zum Waldeingang. Eine Informationstafel erklärt, dass der Eisvogel sein Nest tief in Sandsteinhöhlen baut. Wir suchen den kleinen Fels nach solcherlei Nesteingängen ab, können aber nichts dergleichen entdecken. Der Weg durch das Tal führt entlang an einem Bachlauf. Der Wald ist dunkel und es ist sehr feucht. Der Eisvogel hält sich vor uns gut verborgen - dennoch ist der Spaziergang wohltuend und kurzweilig. Auf dem Rückweg kaufen wir frische Pfifferlinge, dann legen wir ab und fahren Richtung Lenz in den Petersdorfer See ein und weiter bis Malchow. Zur Einfahrt in den Malchower See müssen wir durch eine Drehbrücke, die sich zu jeder vollen Stunde öffnet, um den auf der Müritz-Elde-Wasserstraße fahrenden Schiffen die Durchfahrt zu erlauben. Wir müssen warten und machen im Stadthafen Malchow fest. Das Panorama der kleinen Altstadt wirkt einladend. Wir bleiben dennoch an Bord und bereiten unser verspätetes Mittagsmahl zu. Es gibt Pfifferlingsrisotto und nachdem wir satt sind bekommen die Enten auch was ab. Um 15:00 Uhr haben wir die Drehbrücke passiert. Die Sonne ist wieder unser Begleiter, sie spendet spätsommerliche Wärme. Über den Malchower See und Fleesensee fahren wir zum Kolpinsee. Auf den Gewässern sind wieder zahlreiche Boote unterwegs. Vogelschwärme ziehen über uns hinweg und künden den nahenden Herbst an. Durch einen gut ausgebauten Kanal fahren wir schließlich in die Binnenmüritz ein. Vor uns liegt in der Abendsonne die kleine Stadt Waren. Wir legen im Yachthafen an, direkt neben den großen Ausflugsschiffen. Die saubere Uferpromenade lädt zum Bummeln ein. Die Restaurants und Cafes bieten Platz mit Blick auf den Hafen und den See, wir geniessen das fast mediterane Flair. Der Abend bleibt ungewöhnlich mild. Wir sitzen noch lange auf dem Boot und schauen dem nächtlichen Treiben zu.
Mi 22.Sep 10, Waren
Heute ist Ruhetag. Jeder macht Urlaub in seinem Sinne. Bernd leiht sich ein Fahrrad und erkundet den Müritz-Nationalpark. Der 1990 gegründetet Park ist 322 km² groß und erstreckt sich über Teile der Mecklenburgischen Seenplatte und der Feldberger Seenlandschaft. Die Radtour führt nach Federow, weiter durch kühle Wälder zum Rederanger See und zum Moorgebiet Teufelsbruch. Auf dem Weg zurück zum Schiff wird am Fischerhof Waren am Seeufer Rast gemacht. Frischer Fisch und ein kühles Bier bei herrlichen Wetter mit Blick auf den See. Was will man mehr. Eva genießt den Sonnentag an Deck beim Lesen. Am Abend kommt Hans aus Berlin zurück an Bord, er wird uns bis Rechlin begleiten.
Do 23.Sep 10, Von Waren nach Röbel
Am Morgen weckt uns wieder die Sonne. Und wieder holt Bernd Brötchen, Eva macht Kaffee - wir frühstücken an der frischen Luft. Die Enten belagern unser Boot - gierig jagen sie nach jedem herabfallenden Krümel. Wir stellen fest, dass sie auch Käse oder Wurst nicht verschmähen. Wir haben heute viel Zeit. Unser Tagesziel, die Stadt Röbel, ist nur 34km entfernt. Wir legen 9:30 Uhr ab und fahren hinaus über den Müritz See in den Sietow Arm. Nahe der Uferzone wird der Anker herabgelassen. Es ist Zeit zum Angeln, Lesen, Ruhen und Träumen. Die Männer sind mutig und nehmen ein kühles Bad. Dann fahren wir weiter nach Süden. Am Nachmittag legen wir in Röbel an. Zu Beginn unseres Bummels durch den Ort gönnen wir uns ein kühles Blondes zu einem delikaten Fischbrötchen, frisch zubereitet in einer Fischräucherei. Dann besteigen wir den Kirchturm und blicken aus 50 Meter Höhe hinunter auf das Panorama der Stadt am See. Landschaftlich ist es fast idyllisch hier. Ein paar Meter weiter finden wir die Radius Galerie Röbel - sie bietet dem Besucher ein liebevoll gestaltetes Chaos aus Kunst, Fotos und Lanschaftsbildern. Ausgestellt sind u.a. Bilder des Fotografen Holger Tange. Er hat den Eisvogel vor der Linse gehabt, ebenso Graukraniche und Eiderenten mit ihren Jungen oder das Seerosenparadies, die Bilder sind wunderschöne Naturaufnahmen. Wir laufen weiter bis zur Nikolaikirche und zurück zur "Röbeler Mühle", einer restaurierten Windmühle auf einem kleinen Hügel. Inzwischen ist es Abend geworden. Hans liebt die Atmosphäre auf dem Schiff, deshalb wird heute zu Abend an Bord gekocht. Wir sitzen noch eine Weile an Deck bei einem guten Glas Wein.
Fr 24.Sep 10, Von Röbel nach Rechlin
Unser letzter Tag an Bord beginnt. Etwas wehmütig geht heute alles langsamer als sonst - Beim Ablegen scheint die Sonne und es ist warm. Wir verlassen den Hafen und fahren mit Kurs Nordost zum Naturschutzgebiet "Großer Schwerin", einem bedeutenden Rastplatz für Wasservögel. Auf unserer Fahrt sehen wir mehrere Schwärme von Kranichen ziehen. Wir sind fasziniert von diesem Naturschauspiel. Vor Rechlin kreuzen wir unsere Kiellinie von der Abfahrt vor drei Wochen. Wir fahren noch bis zum Ende der 180 km langen Müritz-Elde-Wasserstraße nach Buchholz. Zu einem Landgang haben wir keine rechte Lust und so werfen wir den Anker in einer mit Seerosen bewachsenen Bucht. Am frühen Nachmittag fahren wir langsam zurück nach Rechlin. Das Wetter trübt ein. Wir legen in Rechlin an und übergeben das Boot. Bernd bringt Hans zurück zu seinem Auto nach Waren. Eva angelt noch ein bischen, dann beginnt sie zu packen. Am Abend zieht ein kräfiges Gewitter über den See. Die Blitze erhellen die Nacht.Fazit: Ein wunderbarer Urlaub mit nur mäßigem Wetter geht zu Ende. Wir haben 42 Schleusen passiert, maximaler Hub waren 18m, wir sind 830 km vorwiegend auf Bundeswasserstraßen gefahren und haben dafür 87 Motorstunden benötigt. Die schönste Stadt war Schwerin und das tollste Erlebnis war die Jazz Big Band im Wohnzimmer.
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