Volksrepublik
China





"Egal ob die Katze weiß oder schwarz ist, Hauptsache ist, sie fängt Mäuse."
(Deng Xiaoping)




Chengdu - Lhasa

Sonntag, 21. Januar. Der Weckruf ertönt 3:15 Uhr, eine Stunde später bringt uns der Bus zum Flughafen und 6:30 Uhr heben wir ab. Wir alle haben einen Fensterplatz und schauen in der Morgendämmerung auf das Hochland von Tibet. Unser neuer Guide Thomas ist Tibeter, er bringt uns zum Hotel St. Regis, ein exquisites Haus mit luxuriösen Zimmern zum wohlfühlen. Beim Blick aus den großen Fenstern der Empfangshalle sehen wir den Potala Palast im Sonnenlicht. Lhasa liegt auf einer Höhe von über 3.600 m und diese Höhe muss der Organismus erst einmal verkraften. E ist leicht schwindlig und B ist total verschnupft mit Kopfschmerzen. Nach kurzer Ruhepause fahren wir zum Park und Palast Norbulingka, der Sommerresidenz der Dalai Lamas. Zuerst besuchen wir den Kelsang Palast des 7. Dalai Lama, danach den Dadan Mingjur Palast, den der 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso bewohnte, der nach dem Tibetaufstand 1959 ins Exil gehen musste. Bis heute wurde zwischen der Exilregierung und Chinas Machthabern kein Kompromiss gefunden, der beiden Seiten das Gesicht wahrt. Der Dalei Lama geht soweit, dass er die jahrhundertealte Tradition der Reinkarnation aufgeben möchte, um die chinesische Einmischung in die Wahl des neuen religiösen Oberhauptes zu unterbinden. Die jüngste Form des Protestes sind Selbstverbrennungen tibetischer Mönche, was wiederum von der chinesischen Regierung als Terrorakt gewertet wird. Unabhängig von diesen Umständen erleben wir Lhasa als Ort, der vom Wirtschaftsaufschwung und riesigen Infrastrukturprojekten profitiert hat. Es ist Pilgerzeit und die Stadt ist voller Menschen, die ihren Glauben öffentlich leben, die Pilgerstätten sind sehr gut restauriert und frequentiert. Wir Europäer sind hier die Langnasen, Einheimische lassen sich gern mit uns fotografieren.

Lhasa

Montag, 22. Januar. Wir haben sehr gut geschlafen und uns über Nacht an die Höhe gewöhnt. Am Vormittag besichtigen wir den Potala Palast. Der Komplex besteht aus dem älteren Weißen Palast und dem etwas später errichteten Roten Palast. Nach kurzer Kontrolle am Eingang des Areals beginnen wir mit hunderten anderen Besuchern und Pilgern den Aufstieg der etwa 300 Stufen zum Palast. Am Wegesrand fällt ein Mann auf, der für Opfergaben Geld wechselt. Für einen großen Schein erhalten die Spender bündelweise Scheine mit geringerem Wert, die sie im Palast vor den endlos aneinander gereihten Buddhastatuen niederlegen. Mönche sammeln die Spenden ein und sind den ganzen Tag beschäftigt mit Geld zählen. Unser Guide erzählt uns, das dieses Geld für Spitäler und die Restauration der Klöster verwendet wird. In den Innenräumen des Palastes ist fotografieren untersagt, die Räume sind auch viel zu dunkel. Überall riecht es nach brennenden Butterkerzen. Trotz der Mönche und Pilger fühlt sich E. eher wie in einem Museum als an einer Stätte gelebten Glaubens. Dieses Gefühl erfahren wir am Nachmittag beim Besuch des Klosters Sera, das während der Kulturrevolution zerstört und erst 1980 wiederaufgebaut wurde und wie einst eine Stätte der Gelehrsamkeit und Ausbildung ist. Es ist seit 1982 auch als nationales und religiöses Kulturerbe anerkannt. Unser Guide erzählt, das die hier lebenden 700 Mönche dem Gelbmützenorden angehören, der traditionell als besonders asketisch und sittenstreng gilt. Später können wir den Mönchen des Kloster beim debattieren zusehen. Diese Debatten werden unter freiem Himmel abgehalten, die Mönche sollen lernen geistesgegenwärtig gut zu argumentieren und gegnerische Meinungen ad absurdum zu führen. Als wir das Kloster verlassen erfahren wir das sich in den Bergen hinter dem Kloster ein Platz für Himmels- bzw. Luftbestattung befindet. Wegen des Permafrosts und der Knappheit von Brennholz gibt es hier das Ritual, die sterblichen Überreste an geweihtem Ort in Teile zu zerlegen und den angelockten Geiern zu überlassen.

Lhasa

Dienstag, 23. Januar. "Niemand hat Tibet wirklich besucht, ohne das Jokhang Kloster gesehen zu haben" sagt man hier. Das Heiligtum, das jeder Tibeter einmal im Leben besucht haben sollte liegt in der Altstadt von Lhasa und ist heute unser Ziel. Der Tempelbau war damals als Schrein für eine Buddhastatue errichtet worden, die die chinesische Prinzessin Wen Cheng als Hochzeitsgeschenk des Kaisers mit nach Lhasa gebracht hatte. Vor dem Jokhang Tempel steht ein alter vertrockneter Weidenbaum, der von ihr gepflanzt worden sein soll. Davor befindet sich eine drei Meter hohe Säule und eine Stele, die die Allianz zwischen dem König von Tibet und dem Kaiser von China im Jahre 823 n.Chr. bekundete. Heute stehen die Pilger in ellenlanger Reihe vor dem Eingang. Zahlreiche Gläubige bekunden ihre Wertschätzung für Buddha mit unzähligen Niederwerfungen. Wir bekommen den Langnasenbonus und dürfen an den Wartenden vorbei durch die von tiefroten Säulen getragene Gebetshalle in den Tempel eintreten. Im Zentrum der Anlage stehen wir in einem Hof, der von vier vergoldeten Dächern gesäumt wird. Wir betrachten die ausgestellten Statuen und das Agieren der Gläubigen mit Respekt aber wir finden keinen Zugang zur Spiritualität, die uns umgibt. Nach der Besichtigung schließen wir uns dem Pilgerstrom an und laufen auf dem Barkhor, dem mittleren Umrundungsweg, im Uhrzeigersinn um den Tempel. In den Geschäften zu beiden Seiten der Barkhor Straße werden tibetische Kunstgewerbeprodukte angeboten. Wir kaufen hier unsere Tibet Souvenirs.

Tibetbahn Lhasa - Xian

24. und 25. Januar. Wir verlassen Lhasa gegen Mittag mit der Tibetbahn. Der Bau der Bahnstrecke durch das Hochland von Tibet ist eine Meisterleistung der Ingenieure und Erbauer. Zum einen galt es, körperliche Schwerstarbeit in knapp 5.000 m Höhe auszuführen, zum anderen stellten die landschaftlichen Gegebenheiten und klimatischen Bedingungen hohe technische Herausforderungen dar. Eine der Anforderungen war die Stabilisierung des Untergrundes für das Gleisbett. Über Land liegt es auf großen Teilstrecken auf einem 3m hohen Schotterwall der so aufgeschichtet ist, das in Hohlräumen ausreichend Luft zirkuliert und der Wind den Schienenuntergrund kühlt. Für besonders problematische Permafrostzonen wurden mit flüssigem Ammoniak gefüllte Stahlrohre (Heatpipes) entlang der Strecke verlegt, die ein Auftauen verhindern sollen. Die Brückenpfeiler sind 20 m tief im Eis verankert und aus besonderem Beton gegossen. Der höchste Punkt der Strecke misst 5.072 Meter. Für den Einsatz in der Höhe sind auch die Züge speziell konstruiert. Neben der Klimatisierung und Druckausgleichssystemen wird Sauerstoff in die Abteile geleitet. Unsere Zugfahrt bis Xian wird 36 Stunden dauern, deshalb wurden für uns Schlafwagen in der 1. Klasse gebucht. Wir sind zu viert im Abteil. Der Blick aus dem Panoramafenster zeigt schneebedeckte Berge, später Steppenland mit Yak- oder Schafherden. Wir haben keine Probleme mit der Höhe, von zusätzlich eingeleitetem Sauerstoff merken wir nichts. Die Zeit vergeht sehr langsam. Wir essen im Speisewagen ein wohlschmeckendes Abendbrot, später am klaren Nachthimmel scheinen wir den Sternen sehr nah zu sein. Am nächsten Morgen haben wir zwei drittel der Strecke hinter uns. Wir sind in Xining und müssen umsteigen. Bis Xian brauchen wir nochmal 10 Stunden. Als wir endlich ankommen geht es nur noch ins Hotel.

Xian

Freitag, 26. Januar. Es ist deutlich kälter hier als in Lhasa und auch die Sonne haben wir zurückgelassen. Am neblig trüben Morgen fahren wir zum Wahrzeichen Xians, der Großen Wildganspagode. Errichtet wurde sie im Jahre 647 vom Kaiser zur Aufbewahrung der buddhistischen Schriften, die ein Mönch von seiner Reise aus Indien mitgebracht und hier übersetzt hatte. Die Geschichte wurde Mitte des 16. Jahrhundertss im Roman "Die Reise nach Westen" aufgeschrieben und gilt heute als eine der wichtigsten Erzählungen Chinas. Wir bekommen noch eine Vorführung im Zeichnen chinesischer Schriftzeichen, Kalligraphie wird hier als Kunstform betrachtet. Wir müssen noch durch einen großen Souvenirshop, dann fahren wir aus der Stadt zur Besichtigung der weltbekannten Terrakotta Armee. Im März 1974 gruben chinesische Bauern einen Brunnen und fanden zufällig die ersten Tonkrieger. Archäologen stellten fest, dass die Fundstücke aus der ersten Dynastie des chinesischen Kaiserreiches, der Qin Dynastie, stammten. Nach weiteren Ausgrabungen stellte sich heraus, dass sich im Erdreich Tausende von Tonkriegern und Tonpferden befinden, welche zur Grabanlage des ersten Kaisers von China gehören. Zum Schutz der Ausgrabungsstätten hat man große Hallen darüber errichtet. Die lebensgroßen, detailgenauen Statuen beeindrucken uns. Die Ausgrabungsarbeiten dauern weiter an. Während der Rückfahrt in die Stadt wird es Abend. Wir erklimmen noch die Stufen zur 12 m hohen Stadtmauer, die die Altstadt rechteckig umschließt und 12 km lang ist. Sie gilt als eine der am besten erhaltenen Stadtmauern des späten Mittelalters. Xian ist auch bekannt als Beginn der Seidenstrasse.

Xian - Beijing (Peking)

Samstag, 27. Januar. Am Vormittag fliegen wir nach Peking, wo uns Verena am Flughafen empfängt. Auf der Busfahrt zum Sommerpalast stellt sie sich als Reiseleiterin von TUI China vor. Die Agentur hat unsere gesamte Reise organisiert und Verena freut sich über unser lobendes Feedback. Der Sommerpalast wurde Mitte des 18. Jahrhunderts vom Kaiser als Landschaftsgarten angelegt als Ort, an dem man müßig schlendern und Ruhe für Herz und Hirn finden kann. Er gilt als der eindrucksvollste Baukomplex der kaiserlichen Gärten der Qing-Dynastie. Für die Harmonie zwischen Baukunst und Natur wurde ein künstlicher Hügel angelegt, gekrönt von der achteckigen Pagode "Duft des Buddha", die ein Wahrzeichen des Sommerpalastes ist. Ein künstlich angelegter See verbindet die Anlage mit der Verbotenen Stadt im Zentrum Pekings. Wir betreten die Anlage durch den Westeingang und laufen über einen beeindruckenden steinernen Brückenbogen entlang am Ufer des zugefrorenen Kunming-Sees zum Marmorschiff, das von der letzten Kaiserin als Teehaus genutzt wurde. Auf dem See tummeln sich zahlreiche Schlittschuhläufer. Unser Weg führt vorbei an Audienzhallen und Tempeln zu einem offenen überdachten Wandelgang, dessen Dachkonstruktion mit Malereien kunstvoll verziert ist. Vor den Privaträumen wachen schmückend Drache und Phönix-Skulpturen, die Symboltiere für Kaiser und Kaiserin. Nach unserem Rundgang geht die Fahrt zurück in die Stadt. Wir halten noch zu einem einen Fotostopp am olympischen Gelände, und fahren weiter zum Hotel.

Beijing (Peking)

Sonntag, 28. Januar. Der Weg zum Kaiserpalast führt uns über den Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen), der der größte urbane Platz der Welt sein soll. An der Ostseite befindet sich das Chinesische Nationalmuseum, gegenüber das Parlamentsgebäude "Große Halle des Volkes". Vor der Halle steht das monumentale Denkmal für die Helden des Volkes. Das Mausoleum von Mao Zedong begrenzt den Platz im Süden und im Norden befindet sich der Haupteingang zur Verbotenen Stadt, das "Tor des Himmlischen Friedens". Über dem Tor ist das Staatsporträt von Mao angebracht, das einzige, das wir auf unserer Reise durch China gesehen haben. Bis heute gehört die Niederschlagung der Protestbewegung im Juni 1989 auf diesem Platz zu den Tabu-Themen in China. Wir kommen durch das Haupttor in die Verbotene Stadt, die durch eine Mauer und einen breiten Wassergraben von der Stadt abgegrenzt ist. Der im Zeichen von Yin und Yang erbaute Kaiserpalast war fast 500 Jahre lang Wohnsitz der Kaiser von China. Im äußeren Hof befinden sich weitläufig angelegt große Audienzhallen für offizielle Regierungsgeschäfte. Dahinter liegt der private innere Hof, ein Labyrinth aus Gassen, Höfen, Palästen, Gärten und Tempeln. Wir laufen interessiert durch das geschichtsträchtige Museum aber Begeisterung kommt erst bei einem heißen Kaffee am Ende des Rundgangs auf, vielleicht liegt es an der Kälte des Wintertages. Wir fahren in den Süden der Stadt zum Himmelstempel, der in einer weiträumigen Parkanlage thront. Er wurde zusammen mit dem Kaiserpalast gebaut. Einst beteten und fasteten die Kaiser Chinas hier und brachten dem Himmel Opfer dar, in der Hoffnung auf reiche Ernten. Zur Zeit weht eisig kalter Wind über den Platz und die Suche nach den besten Standorten für ein Foto wird schnell zur Herausforderung. Unseren letzten Abend in China verbringen wir im Hotel. Im Restaurant lassen wir uns die Pekingente servieren.

Beijing (Peking)

Montag, 29. Januar. Unser letzter Tag steht im Zeichen der Großen Mauer. Während der Qin Dynastie verband der erste Kaiser der Qin die nördlichen Teile der Großen Mauer, um eine Invasion aus dem Norden zu verhindern. In der Han Dynastie erweiterte der Kaiser die Große Mauer weit nach Westen um die Seidenstraße zu schützen. Wir fahren aus der Stadt heraus Richtung Norden zur Mutianyu Abteilung, die längste und am besten erhaltene Abteilung der Großen Mauer, die für Touristen offen ist. Der Aufstieg über Treppen kostet Zeit, deshalb wählen wir die Seilbahn zur Auffahrt. Der Mauerabschnitt ist 2,5 km lang, 7 bis 8 Meter hoch und 4 bis 5 Meter breit. Etwa alle 100 m befindet sich ein Aussichtsturm. Beide Seiten der Mauer haben eine zinnenartige Brüstung. Der Weg führt mehr oder weniger steil auf und ab über den Bergkamm. Der Tag ist sonnig und klar und die Aussicht ist großartig. Nach einem letzten Mittagsmahl geht es zurück zum Hotel. Am Abend heißt es auschecken und Fahrt zum Flughafen. Bis zum Abflug um 02:00 Uhr vergehen noch endlos lange Stunden. Nach gutem Rückflug landen wir am Dienstagmorgen in Frankfurt.