"Lass sie nur die Köpfe hängen lassen, wenn die Köpfe ihre eignen sind.
Wir, wir wollen unsre Segel brassen in den Wind."

(Joachim Ringelnatz)



1. Cherbourg - Portland

Cherbourg - Carteret

Donnerstag 13.07.2017. Auf unserem Weg nach Carteret müssen wir am Cap De La Hague durch die Straße von Alderney (englisch: Alderney Race, französisch: Raz Blanchard). Die Gegend ist berühmt und berüchtigt wegen der starken Gezeiten-strömungen, die das Wasser selbst bei Flaute aufwirbelt und Strudel sowie beachtliche Wellen erzeugt. Wir haben den Tag mit Sorgfalt geplant, damit die Strömung mit uns läuft und wir bei Hochwasser ankommen. 14:30 legen wir ab und setzen im westlichen Vorhafen das Segel. Etwa eine Stunde können wir gut segeln, dann flaut der Wind ab und wir fahren unter Motor weiter. Die See ist spiegelglatt, aber am Horizont können wir schon die Schaumkronen des aufgewühlten Meeres ums Kap erkennen. 16:30 fahren wir an der Nordtonne "Basse Brefort" vorbei und sind prompt in der unruhigen Zone der Race. Schnell gewinnen wir an Fahrt. Mit bis zu 12,5kn fährt die Impuls durch die Wellen und Wirbel der Strömung um das Kap. Es ist beeindruckend für uns, die Kräfte der Natur hautnah zu erleben. Wir sind dankbar für die gute Sicht und den lauen Wind, andere Bedingungen hier wollen wir uns gar nicht vorstellen. Nach etwa 30min ist der Spaß auch schon wieder vorbei, wir sind durch. Der Wind frischt wieder auf und das Vorsegel zieht die Impuls bis zum Cap Carteret. Die Marina liegt am Ende einer langen Bucht, die bei Niedrigwasser trocken fällt. Die Hafeneinfahrt ist nur 2 Stunden vor bis 2 Stunden nach Hochwasser passierbar, dann wird ein Tor zum Schutz der Marina geschlossen. Wir kommen rechtzeitig 21:00 in die Bucht, trotzdem geht der Adrenalinspiegel noch mal hoch, als wir auf dem Tiefenmesser nur 2 Meter sehen. Am Ende geht alles gut, 21:30 liegen wir fest und beim Anlegertrunk stoßen wir an: "Wir lieben es, wenn ein Plan funktioniert".
Am nächsten Tag laufen wir durch die Stadt hinauf zum Leuchtturm. Der Weg zurück führt über einen langen Sandstrand zum Eingang der Bucht. Hier liegen mehrere Fischerboote. Der Ort verbreitet ein Flair zum Wohlfühlen. Zum Abendessen in einem kleinen Restaurant genießen wir typisch französische Galette. Das sind kross gebratene Buchweizenfladen mit verschiedenen Füllungen, klassisch ist Schinken, Käse, Zwiebel und Ei. Dazu gibt es einen kleinen Salat und Roséwein. Unser letzter Abend in Frankreich klingt mit einem großen Feuerwerk gegenüber der Marina aus.

Carteret - Jersey

Samstag 15.07.2017. Wir brauchen für die Ausfahrt Wasser unterm Kiel, deshalb legen wir bei Hochwasser 12:00 ab. Die Sonne scheint und wir segeln Richtung Jersey. Nach zwei Stunden liegt die Inselgruppe Maitre Île querab. Die Inseln sind nicht besiedelt, nur auf der Hauptinsel finden sich kleine Sommerhäuser. Impuls kämpft bei schwachem Wind gegen den Strom. Wir kommen zeitweise nur mit 2kn voran. 16:00 umfahren wir die Flachwasserstellen der Violet Bank. 18:00 liegt Demie de Pas, eine gelb-schwarze Sonderbake in Turmform, querab und eine halbe Stunde später kommen wir im Vorhafen der Marina St Helier an. Der Warteponton ist schon gut belegt und der Hafenmeister winkt uns an ein Boot aus Holland zum Festmachen im Päckchen. Später legen noch zwei weitere Boote an der Impuls an. Wir gehen in die Stadt, die uns schon nach den ersten Metern für sich eingenommen hat. Entlang der Albert Pier sind Steine aufgestellt, in die das nautische Alphabet mit Namen und Flaggen gemeißelt sind. In einer Pizzeria essen wir zu Abend. Bier, Pasta und eine Pizza mit Rosinen und Kapern für 35 Jersey Pfund. Am nächsten Mittag verlegen wir uns in die Marina. Dabei ist der Hafenmeister sehr hilfsbereit. Das Hafenbüro liegt neben einem kleinen maritimen Museum, der Weg in die Stadt ist gepflastert, das Muster zeigt Wimpel, in die Erklärungen zu den Windstärken gemeißelt sind. Nach Überquerung der Hauptstraße ist man am Liberty Wharf Shopping Center schon in der Stadt, eine Einkaufsmeile führt ins Zentrum mit Markthalle und Fischmarkt. Uns gefällt die Stadt, wir werden ein paar Tage bleiben und buchen für Mittwoch eine kleine Tour über die Insel.

Jersey - Guernsey

Mittwoch 19.07.2017. 10:30 soll unser Ausflug "Taste of Jersey Tour" starten. Wir sind eine Stunde zu früh, da wir immer noch auf MESZ eingestellt sind. Also zurück aufs Schiff und nach einer Stunde wieder zum Bus. Wir fahren mit etwa 20 Leuten zum La Mare Vinyard, dem einzigen Weingut im Norden der Insel. Nach der Kellerführung verkosten wir je einen Weiß-, Rosé- und Rotwein. Im Weingut wird auch die lokale Spezialität "Jersey's Black Butter", eine Art Marmelade aus Äpfeln, Cider, Zimt und anderen Gewürzen hergestellt. Zum Lunch fahren wir an die Südküste ins "Old Portelet Inn". Hier gibt es richtig gute Spare Rips. Über das offene WLAN prüfen wir nochmal den Wetterbericht und überlegen, lieber heute als morgen weiter zu segeln. Die Tour geht weiter zum Noirment Point an der Südspitze der Portelet Bay, bekannt für die gut erhaltenen deutschen Bunker der Batterie Lothringen. Wir schauen auf das Meer, sehen einige Segler und entscheiden kurzentschlossen: wir sollten heute noch nach Guernsey weiterfahren. An der Fisher Chapel verabschieden wir uns von der Reisegruppe und fahren mit dem Linienbus stop-and-go durch die engen Straßen zum Hafen. 17:00 legen wir bei Hochwasser ab. Draußen steht eine höhere Welle an als erwartet. 18:30 sind wir am Leuchtturm Corbiére, der SW Spitze der Insel. Mit raumen Wind und Strömung kommen wir gut voran. Von Westen zieht eine dunkle Regenfront schnell herauf. Guernsey verschwindet hinter den dunklen Wolken, es regnet. Kurz vorm Ziel wird die Sicht besser. Bei Sonnenuntergang 22:00, es ist Niedrigwasser und die Zufahrt zur Marina ist gesperrt, weist man uns einen Platz im Päckchen an den Mooring Pontoons zu. Hier verbringen wir die Nacht.
Am nächsten Morgen füllen wir die Einklarierungspapiere aus, melden uns im Hafenbüro an und spazieren durch die Stadt St Peter Port, die uns auf Anhieb gefällt. 14:00 bei Hochwasser verlegen wir uns in die Victoria Marina und liegen hier malerisch vor der Stadtkirche. Zum Abendessen landen wir zufällig in "Christies Restaurant", bestellen das Early Dinner Menu für 11 Pfund und sind überrascht von der sehr guten Küche.
Die Vogteien (Bailiwick) Jersey und Guernsey sind weder Teil des Vereinigten Königreiches noch Kronkolonie, sondern als Kronbesitz (crown dependency) direkt der britischen Krone unterstellt. Sie sind gesonderte Rechtssubjekte und verfügen über eine eigene Gesetzgebung, Währung, Verwaltung und ein unabhängiges Steuersystem. Sie sind daher nicht Teil der Europäischen Union, werden aber in Handels- und Zollfragen so behandelt.
Sonntag sitzen wir abends lange an Deck und besprechen, wie es weitergehen kann. Für Montag werden 6-7Bft aus West vorhergesagt. Dienstag ist der einzige Tag, der für die Überfahrt nach Portland geeignet scheint. Danach gibt es viel Wind und eine hohe Welle. Wir diskutieren alle Optionen und einigen uns auf die morgige Fahrt nach Alderney, obwohl wir bei 6Bft ungern den sicheren Hafen verlassen - sind ja nur 23sm.

Guernsey - Alderney

Montag 24.07.2017. Abfahrtszeit wegen Wasserstand und Strömung ist 07:30. Der Hafen ist gut gegen Westwind geschützt, da wehen nur 4Bft. Nach der Ausfahrt geht es zwischen den Inseln Guernsey und Herm nordwärts. Als die Landabdeckung aufhört wird es richtig ungemütlich. Impuls tanzt wie ein Joghurtbecher im Wildwasser. Große seitliche Wellen lassen das Schiff schaukeln. Zweimal steigen seitliche Brecher ein und fluten das Deck. Wir lassen den Autopiloten steuern und verziehen uns unter die Sprayhood. Ein Sportflugzeug im Anflug auf Guernsey hat wohl den leeren Steuerstand bemerkt und dreht eine Runde um nachzusehen, ob bei uns alles in Ordnung ist. Als er sieht, dass wir ihm zuwinken, setzt er seinen Flug fort. Etwas später sichtet B. zwei Delphine und betrachtet das als gutes Omen. Gegen 10:30 ist die Südwestspitze von Alderney querab. Der Wind und die See haben sich etwas beruhigt, jetzt scheint die Sonne. 11:30 legen wir im Braye Harbour an einer Mooringboje an. Zum Mittagessen gönnen wir uns eine Flasche Zinfandel zur Entspannung. Wir verzichten auf einen Landgang per Wassertaxi. Der Hafenmeister kommt längsseits und kassiert 15 Pfund.

Alderney - Portland

Dienstag 25.07.2017. Es war ziemlicher Schwell im Hafen. Wir starten 07:40 und fahren am Rand eines Verkehrstrennungsgebietes (TTS) über den Ärmelkanal. Nach 10sm kommt ein 5sm breiter Korridor für den West-Ost Verkehr, nach weiteren 5sm das gleiche für den Ost-West Verkehr. Wir zählen 11 Großschiffe deren Kurs wir kreuzen. 13:30 sind wir durch. 20sm vor Portland Bill hören wir die Sécurité Meldung eines Kriegsschiffes der Royal Navy, welches hier Schießübungen abhält und einen 25sm Radius freihalten lässt. Als das Schiff in Sichtweite kommt ruft E. es auf VHF10 an. Sie teilen uns mit, dass sie nach Nordwest schießen und wir auf unserem Kurs weiterfahren können. Gegen 20:00 erreichen wir Portland. Es soll der zweitgrößte künstliche Hafen der Welt sein. Wir umfahren die riesige Hafenmauer zum Nordeingang. 2012 fanden hier die Olympischen Spiele statt, deshalb ist die Marina in gutem Zustand. Die gute Wettervorhersage für diesen Tag hatte sich bestätigt, so hat sich die Schinderei des Vortages wirklich gelohnt.



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