Schleswig - Lübeck
Schleswig
Montag, 13. Juli. Schleswig ist die älteste Stadt Nordeuropas. Ihre Geschichte reicht bis in die Wikingerzeit zurück. Vor über 1.000 Jahren
gründeten die Nordmänner in Haithabu gegenüber der heutigen Stadt Schleswig ihre große Wikingermetropole. 1066 wurde diese von den Westslawen
zerstört, die Überlebenden siedelten auf das Nordufer.
Wir verbringen einen wunderbaren Sommertag im Schloss Gottorf. Erbaut im Hochmittelalter als Wasserburg wurde es unter zahlreichen Herrschern
zur königlichen Residenz ausgebaut. In Kriegszeiten wurde es als Kaserne, später als Flüchtlingslager genutzt bis es nach dem Krieg den
Landesmuseen Schleswig Holsteins zur Verfügung gestellt wurde. Die Restaurierungsarbeiten an den Gebäuden und Parkanlagen dauern an.
Was fertiggestellt ist, beeindruckt ebenso wie die Ausstellungen. Der Rundgang beginnt in der original erhaltenen "Gotischen Halle" mit der
sakralen Kunst des Mittelalters und führt weiter durch die Kunst der Renaissance mit Malereien von Lucas Cranach d.Ä. und der Gutenberg-Bibel
von 1452/54. Es folgen die Maler des Expressionismus Georg Tappert, Emil Nolde, Max Beckmann, Otto Mueller und ein
Skulpturensaal mit den Bronzen Ernst Barlachs. Am Ende des Rundgangs sind Werke der Klassischen Moderne und Kunst der Gegenwart ausgestellt.
Unsere Zeit reicht nicht aus, um alle Ausstellungen zu besuchen. Zum Abschluss schauen wir uns noch den abseits gelegenen barocken
Terrassengarten an. Wir steigen die Kaskaden aufwärts und blicken zurück auf ein harmonisches Arrangement von Blumen, Buchsornamenten
und den Spiegelteich mit einer Herkulesstatue. Nur das neuzeitliche Globushaus will sich in diese Harmonie nicht recht einfügen.
Schleswig - Maasholm
Dienstag 14. Juli. Sonnenschein, herrlicher Tag, leider kommt der Wind von der falschen Seite, also heißt es wieder motoren. Im Hafen von
Maasholm ist das Fahrwasser zwischen den Dalbenreihen sehr eng, gerade mal eine Schiffslänge. Der Ort, ein kleines Fischerdorf, bietet nichts
besonderes, nicht mal funktionierendes Internet. Der Hafenmeister gelangweilt dazu: "bei manchem geht's, bei manchem nicht". Scheint wohl
niemanden zu interessieren.
Maasholm - Bagenkop (DK)
Mittwoch 15. Juli. Als wir vormittags ablegen ist es leicht bewölkt. Das Vorsegel zieht uns aus der Schleimündung. Nach der Ansteuertonne
Schleimünde legen wir Kurs auf Bagenkop. Wegen den seitlich bis achtern anlaufenden Wellen rollt das Schiff stark. Über VHF16 hören wir
gegen 11:00 Uhr einen Mayday Notruf. Zwei Angler sind mit ihrem Boot nähe Schleimünde gekentert. Einer wurde von einem Segelboot aufgenommen.
Das SAR Rettungsboot "Nis Randers" ist der On Scene Coordinator (OSC). Bremen Rescue Radio übernimmt die Koordination der Rettung.
Mehrere Schiffe bieten ihre Hilfe an. Aus Kiel wird ein SAR Hubschrauber losgeschickt. Der Gerettete behauptet, die zweite Person sei ertrunken.
Natürlich wird die Suche nach dem zweiten Verunglückten fortgesetzt. Gegen 12:00 Uhr wir er bewusstlos gefunden und in ein Krankenhaus gebracht.
So eine Aktion live mitzuerleben, ist erschütternd, aber auch lehrreich. Jedenfalls haben wir umgehend unsere Rettungswesten angelegt.
Wir kommen am frühen Nachmittag im Yachtfafen Bagenkop an.
Rückblick des Skippers: Mein beängstigendes Segelerlebnis hatte ich 1998 hier vor Bagenkop. Wir waren zu viert auf einer Dehler 34 in einem
Sturm mit 9Bft (45kn) geraten. Otto war der Steuermann. Die Wellen waren gewaltig. Wir versuchten sie unter Motor schräg anzulaufen, hoffend,
dass wir nicht querschlagen und die Welle uns umkippt. Das Heck wurde mehrmals aus dem Wasser gehoben und der Motor heulte laut auf.
Anlaufen von Bagenkop war wegen Legerwall ausgeschlossen. Irgendwie kamen wir heil in Marstall an. Solche Momente vergisst man nie.
Bagenkop - Heiligenhafen
Donnerstag 16. Juli. Wir verlassen Dänemark bei strahlendem Sonnenschein und wenig Wind. Mit Groß- und Vorsegel schiebt sich die Impuls mit
gerade mal 2kn vorwärts. Wir genießen die Trödelei eine ganze Weile bis wir für die letzten 14sm den Motor zu Hilfe nehmen. Beim Hafenmeister
in Heiligenhafen fragen wir nach Internet. Er sagt voller Stolz: "Sind sie sicher, dass sie Internet brauchen? Wir haben Hafenfest mit dem
zweitbesten Double von Helene Fischer!". Alles lacht und wir kaufen für 6 EUR einen 24h Internetzugang. Beim Hafenfest begeistert das Double im
Halb- oder Vollplayback die Massen, wir fühlen uns auf unserem Schiff wohler. Wir legen einen Ruhetag ein. Die Impuls wird innen und außen geputzt,
etwas Wäsche wird gewaschen, dann bummeln wir wieder über das Festgelände. Beim Auftritt der "Rattles" schallt ihr Cha la la la li über den Platz und
schon sind wir weg.
Heiligenhafen - Neustadt i.H.
Uns erwarten 5-6Bft Westwind. Nach der betonnten Wasserstraße setzen wir das Vorsegel und gleiten durch die Fehmarnsundbrücke. Dann legen wir
Kurs zur Osttonne Schwarzer Grund. Der Himmel bewölkt sich mehr und mehr, der Wind nimmt zu. Als wir in Böen 28kn sehen reffen wir das Vorsegel
erneut. Nach Kursänderung zur Anfahrt Neustadt fahren wir straffen Amwindkurs. Dann dreht der Wind. Wir müssten kreuzen, was uns bei diesem Wetter
aber keinen Spaß macht. Deshalb bergen wir die Segel und fahren unter Motor vorbei an der modernen Ancora Marina in den Stadthafen Neustadt.
Hier liegen wir geschützt. Hafenmeister Sven kommt kassieren und hat Zeit für einen Schnack. Am Abend spielt eine Big-Band am Brauhaus.
In der Nacht kommt Regen auf, der auch am Morgen noch aufs Deck trommelt. Wieder einmal wird uns bewusst, welch Luxus es ist, selbstbestimmt
und frei über seine Zeit zu entscheiden. Wir bleiben noch einen Tag. Zu empfehlen ist das griechische Restaurant "Piräus", wir sind mit Service
und Küche sehr zufrieden. Und vor allem ist der griechische Wein köstlich. Auf der Serviette ein Spruch von Euripides: "Wo aber der Wein fehlt,
stirbt der Reiz des Lebens."
Neustadt - Schlutup - Lübeck
Montag 20. Juli. Der Wind ist stärker als erwartet, wir fliegen mit zweitem Reff im Vorsegel über die Neustädter Bucht. In Travemünde ist Regatta.
Wir können nicht ausweichen, wir müssen quer durch das Regattafeld. Zum Glück liegen wir auf Backbordbug und haben damit Vorfahrt. Die flinken
Jollen gehen ganz eng an uns vorbei. Wir fahren vorbei am Passathafen in die Trave zur Marina Schlutup, idyllische gelegen vor den Toren Lübecks.
Den ehemaligen Grenzort bezeichneten Einwohner einst als "Ende der Welt" und bei unserem kurzen Stadtgang haben wir das auch heute noch so empfunden.
Nix wie weg hier! Die Zeit drängt, bis zur letzten Brückenöffnung ist es nur noch eine Stunde. Wir legen einen Blitzstart hin. Vorbei an der Herreninsel
und der Teerhofinsel sind wir gerade noch rechtzeitig an der Eric-Warburg-Brücke. Wir fahren in die Stadttrave zum Hansehafen Lübeck. Wieder ein
Stadthafen ohne Internet, mit katastrophalem Sanitärbereich trotz stattlicher Liegegebühr, schade. Zum Abendessen geht es zu "Jensen's Bofhus", dass wir
noch von unserem letzten Besuch kennen. Spareribs und Rumpsteak vom Feinsten.
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