2. Stockholm - Berg, Göta Kanal
Stockholm
Wir waren vor etlichen Jahren schon mal hier. Damals fand das Wasserfest statt, wir waren begeistert. Wir wollen unsere Erinnerungen auffrischen und gehen nach einem ausgiebigen Frühstück in die Stadt. Das Wetter ist herrlich. Am Tivolipark nutzen wir die Fähre zur Altstadt. Im Strom der Menschenmenge laufen wir die Österlängatan hinauf zur Gertrudiskirche. Die bemalten Kirchenfenster lassen wenig Licht in das Kirchenschiff. Das Dunkel wird durch Kerzenlicht erhellt und lässt die goldene Orgel prachtvoll wirken. Ebenso prächtig sind das alte Kirchengestühl, der Altar, die Kanzel und die Königsloge. Wir gehen weiter zum Schloss, dass als regelmäßige Vierflügelanlage gebaut wurde. Wir schlendern durch den quadratischen Innenhof und besuchen die königliche Kapelle. Dann laufen wir über die Västerlängatan. Im Corner Sushi Restaurant pausieren wir bei Sushi und Wasser, eine schmackhafte Vorsuppe wird inklusive gereicht. Frisch gestärkt verlassen wir die Altstadt und laufen ins Zentrum zum Kungsträdgarden, einem Park mit Wasserspielen, Blumenanlagen und einer Bühne, auf der heute Musiker ein Konzert geben. Auf dem Weg über die Einkaufsmeile wird unser Blick immer wieder von prächtigen Gebäuden eingefangen. Als die Füße langsam müde werden gehen wir zur Fähre am Nybrohamn neben dem Schauspielhaus. Wir fahren zurück, aber unsere Haltestelle wird vorerst nicht angefahren. Stattdessen bekommen wir noch eine Stunde Fährrundfahrt durch den Saltsjön, einem Fahrwasser zwischen der Stockholmer Innenstadt und den Inseln der Umgebung. Montags finden im Skansen regelmäßig Jazzkonzerte statt. Wir verbringen den Nachmittag dort. Skansen ist ein 1891 angelegtes Freilichtmuseum in einem weitläufigen Park auf einer Anhöhe der Halbinsel Djurgarden. Die Anlage veranschaulicht das Leben verschiedener Kulturen Schwedens, dazu wurden Häuser und Bauernhöfe aus dem ganzen Land hierher gebracht. Zum Skansen gehört auch ein kleiner Tierpark, der heimische Tiere beherbergt. Am Abend hören wir zusammen mit hunderten anderen Besuchern ein Jazzkonzert. Am letzten Tag sind wir nochmals in der Stadt unterwegs. Eva will der Versuchung des Sommerschlussverkaufs nicht widerstehen und kauft sich zwei Teile bei COS zur Erinnerung.
Stockholm - Mariefred
Mittwoch 27. Juli. Tschüss Stockholm. Südlich gegenüber dem Navishafen geht es in den Danviks-Kanal. Wir stehen kurz vor 10:00 Uhr an der Danviksbron Brücke. Eva fragt über VHF12 nach der Öffnungszeit und erhält die Antwort 10:30 Uhr. Wir machen uns an der Seite des Kanals fest und warten. Nach der Öffnung passieren wir im halbstunden Takt im Konvoi die Skansbron Brücke mit der Hammarby Schleuse und die Liljeholmsbron Brücke. Jetzt sind wir im Mälarensee, dem drittgrößten Binnensee Schwedens, etwa doppelt so groß wie der Bodensee. Durch malerische Landschaft geht es nach Mariefred. Der kleine Hafen liegt direkt neben Schloss Gripsholm. Ein Großgrundbesitzer aus dem Adelsgeschlecht der Grip ließ hier auf einer Halbinsel eine Burganlage bauen. Im Jahre 1525 wurde der Besitz von der Krone eingezogen und König Gustav I. Wasa entschied, die Burg zum Schloss auszubauen und zur Festung aufzurüsten. In Deutschland bekannt wurde Schloss Gripsholm durch die gleichnamige Erzählung von Kurt Tucholsky, der 1935 in Göteborg gestorben, auf dem Friedhof Mariefred beigesetzt ist. Am nächsten Tag besichtigen wir das Schloss. Der Rundgang führt durch ein Labyrinth sehr gut erhaltener Räume aus der Zeit der Wasa Könige, einem Theater aus dem 18. Jahrhundert und einer umfangreichen Portraitsammlung.
Mariefred - Södertälje
Freitag 29. Juli. Wir segeln bei wenig Wind mit nur 2 kn Fahrt, aber wir haben Zeit. Die Sonne brennt. Im Södertälje-Kanal, 700m vor der Schleuse geht es durch die Mälarbron Brücke. Als wir ankommen wird sie gerade geschlossen, also legen wir an. Schon nach einer halben Stunde geht die Brücke wieder auf und wir fahren das kurze Stück zur Södertälje-Schleuse. Wieder anlegen und warten. Diesmal werden wir abwärts geschleust und da wird das Schleusengeld, 180 SEK, fällig. Eva holt am Automat das Ticket. Auf einem Laufband wird 16:15 als nächste Öffnung angezeigt. Als es soweit ist passiert aber nichts. Die Öffnungszeiten auf dem Laufband sind verschwunden und wir hören über Funk einen schwedischen Dialog, verstehen aber kein Wort - irgendetwas läuft schief. Später erfahren wir, dass die Mälarbron Brücke nicht mehr richtig geschlossen werden konnte. Der gesamte Verkehr muss über die Brücke an der Schleuse umgeleitet werden, weshalb vorerst keine Schleusung stattfindet. Nach über zwei Stunden geht es endlich weiter. Hinter der Schleuse sind wir wieder in der Ostsee und legen im kleinen Hafen Södertälje an. Wieder kein WLAN. Auf der Suche nach Internet gehen wir in die Stadt. Auffallend viele Immigranten begegnen uns, die Gehwege sind schmutzig, gar nicht mehr schwedisch.
Södertälje - Oxelösund
Samstag 30. Juli. Eigentlich wollten wir über Trosa und Arkösund in den Götakanal, entschließen uns aber für nur einen Zwischenstopp in Oxelösund. Nach dem Ablegen geht es durch unattraktives Industriegelände, später wieder durch liebliche Schärenlandschaft. Am Nachmittag überrascht uns ein kräftiger Regenschauer. Dann beginnt ein Schärenslalom durch enge Fahrstraßen. Nach 18:00 Uhr laufen wir in die nördlich gelegene Badhusviken Marina ein. Und, oh Wunder, es gibt WLAN auf dem Schiff. Beim Bezahlen des Hafengeldes wird Eva gefragt, ob sie Waschmaschine und Trockner als Inklusivleistung vorbestellen möchte. Und wie sie will! Wir entscheiden uns schnell, einen Hafentag einzulegen. Am nächsten Tag fällt dem Skipper beim Absteigen vom Schiff die Brille von der Nase, schlägt noch einmal auf das Deck auf und fällt ins Wasser. Worst case! Die Ersatzbrille ist alt, mit ihr sieht B. alles nur leicht verschwommen. Also tauchen. Ein Lot wird über die Absturzstelle montiert, Taucherbrille aufgesetzt und ab ins Wasser. Die Sichtweite unter Wasser ist gering. Dank des Lotes findet B. nach mehreren Versuchen das gute Stück auf 3,5 m Wassertiefe. Wieder mal Glück gehabt.
Oxelösund - Mem - Söderköping
Montag 01. August. Unser vorerst letzter Tag durch die Schären beginnt sonnig und schwach windig. Wir genießen die Fahrt vorbei an Arkösund in den Fjord nach Mem. Kurz vor dem Eingang in den Götakanal frischt der Wind auf und ein Regenschauer geht nieder. Am Kai in Mem weht der Wind mit 20 kn und es ist wenig Platz zum Anlegen. Beim Festmachen treibt unser Schiff zurück und touchiert das hinter uns liegende Boot mit unserer achterlich herausragenden Badeleiter. Schaden: ein kleiner Kratzer am Bug. Der Eigner, ein grobschlächtiger Mann mit Fantomas-Gesicht, hat zugesehen, statt zu helfen. Noch während wir unser Schiff festmachen beginnt er uns laut und wüst zu beschimpfen. Unsere Entschuldigung nimmt er nicht an. Hass und Wut entlädt sich in seinen Worten und er steigert sich bis zur Drohung: "Ich bohr' denen ein Loch ins Schiff. Die kommen nicht durch den Götakanal". E. befürchtet Gewalt, erst als wir demonstrativ beginnen mit dem Handy zu filmen ist vorerst Ruhe. Während E. uns für den Götakanal anmeldet tauscht B. mit der Frau des Grobians die Daten für die Versicherung aus. Zwischenzeitlich hatten zwei holländische Lemsteraaken im Päckchen vor uns festgemacht. Als wir an ihnen vorbei in die Schleuse einfahren sollen helfen sie uns freundlich beim Ablegen, sehr zum Unmut von Fantomas, der uns jetzt der Fahrerflucht bezichtigt. Auf einer Reise begegnet man manchmal merkwürdigen Zeitgenossen. Natürlich ist es nicht schön, wenn man in sein selbstgebautes Schiff einen Kratzer bekommt, aber sich derart aufzuführen hilft nicht weiter. Am Abend melden wir den Schaden unserer Haftpflichtversicherung. Von der Schleusenwärterin, einer jungen Schwedin, bekommen wir eine gründliche Einweisung über die Leinenführung in den Schleusen. Dann geht es nach Söderköping. Die dritte Schleuse können wir nicht mehr passieren, denn 18:00 Uhr ist Feierabend. Also legen wir in Söderköping vor der Schleuse an und entgehen so dem Trubel des Haupthafens. Schon am zweiten Tag ist der Götakanal wie Urlaub für uns. Einmal Schluckbeschwerden bei der Entrichtung der Kanalgebühr von 7.500 SEK (785 €) und dann ist man alle Sorgen los. 21 Yachthäfen sind in der Kanalgebühr inbegriffen mit max. 5 Übernachtungen pro Hafen.
Göta Kanal
Der Göta Kanal ist die Touristenattraktion Schwedens. Der Kanal erstreckt sich von Mem an der Ostsee bis Sjötorp am Vänernsee und hat 58 Schleusen. Zusammen mit dem Trollhätte Kanal (6 Schleusen) verbindet die Wasserstraße Stockholm und Göterborg miteinander. Der schwedische Oberst Baltzar von Platen legte 1806 einen Bauplan vor. Er hatte Erfahrungen beim Bau des Eiderkanals, dem Vorgänger des Nordostseekanals, gesammelt. Ihm zu Seite stand der Schotte Thomas Telford, der Erbauer des Caledonian Kanals. Die Baukosten wurden mit 1,6 Mio Riksdaler veranschlagt, am Ende waren es 8,9 Mio. 1810 begannen die Bauarbeiten. 58.000 Mann, meist Soldaten, bewegten 23 Jahre die Erdmassen in Handarbeit. Gestein wurde mit Pulver gesprengt, das Dynamit war noch nicht erfunden. Die Branntweinration für die Arbeiter betrug 1 Liter pro Mann und Woche, während des Baus wurden 8 Mio Liter verbraucht. 1832 wurde der Kanal durch König Karl XIV Johann mit seiner Yacht "Esplendian" eingeweiht. Baltzar von Platen fehlte, er war drei Jahre zuvor gestorben.Göta Kanal Skipper Guide ▷
Söderköping - Norsholm
Freitag 05. August. Heute liegen 12 Schleusen und 6 Brücken vor uns. In den hiesigen Schleusen gibt es keine Festmacher in der Schleusenwand, dafür sind oberhalb der Mauer Ringe eingelassen. Vor der Schleuse steigt E. vom Boot, nimmt die Vorleine mit und belegt sie am Schleusenende. Dann wirft B. die Achterleine hoch. Ist diese belegt wird die Vorleine während des Schleusens langsam über die Winsch eigeholt. Oben angekommen steigt E. wieder auf das Boot und an der nächsten Schleuse geht es von vorn los. Nach Söderköping folgen in kurzem Abstand 8 weitere Schleusen, die uns um 19 m anheben. Wir werden zusammen mit einer Yacht aus Stade geschleust und das Schleusen ist anstrengender als gedacht. Über die Niveauschleuse Klämman gelangen wir in den 27 m über dem Meeresspiegel gelegenen Asplangensee. Hier können wir kurz das Vorsegel setzen. Nach weiteren 3 Schleusen sind wir in Norsholm. Wir legen östlich der Schleuse am Nordufer an. Hier gibt es keine Stromanschlüsse, wieder kein WLAN, wir sind etwas enttäuscht.