Muiderzand 2014
Der Winter 2013/14 war ungewöhnlich mild. In Heusenstamm gab es keinen dauerhaften Frost, noch nicht einmal Schnee. Dafür hatten wir schon im Februar Blüten im Garten. Anfang März begann die Unruhe – das Gefühl, wir wollen nach unserer "Impuls" schauen und dort die Frühlingssonne genießen.Der März bleibt nass und kalt Am 19. März fahren wir mit Sonnenschein nach Muiderzand. Die Marina liegt noch im Winterschlaf. Die Parkplätze sind zugestellt mit Booten, die zum Winterlager an Land gebracht wurden. Der Wind heult ungewohnt laut, nur wenige Leute sind zu sehen. Wir gehen zum Boot und sind positiv überrascht. Das Schiffchen liegt an seinen Leinen in der Sonne und strahlt blau-weiß. Auch im Boot ist alles in Ordnung. Kein Schimmelgeruch, kein Wasser im Schiff, die Batterien noch fast voll. Das Bordleben kann wieder beginnen. Nach wenigen Tagen Sonnenschein gibt es Regen. Wir bleiben an Bord, die Heizung läuft ohne Unterbrechung. Die Arbeiten am Boot müssen aufgeschoben werden. Beim Rundgang durch die Marina entdecken wir im Uferdickicht ein Nest. Drauf sitzt brütend ein Schwan und trotzt allen Wettern. Die Brutzeit wird sechs Wochen dauern. Eva schaut von nun an täglich vorbei. Wir erkunden die Gegend mit dem Auto und fahren nach Almere Haven und Muiden. So langsam bessert sich das Wetter und die Marina belebt sich wieder. Wir holen unsere Genua beim Segelmacher ab und kaufen eine neue Bordtoilette. Nach dem Einbau sieht es jetzt sauber aus und vor allem funktioniert die Pumpe wie sie soll. Am nächsten Tag putzt Eva das Boot und Bernd schlägt die Segel an. Samstags Vormittag kommen Ellis und Roy zu ihrer "Étanche". Roy macht den Vorschlag, zusammen nach Volendam zu segeln.
Segeln nach Volendam
Sonntag, 31. März. Traumhaftes Wetter und windstilles Wasser um uns herum. Nach dem Frühstück geht es los, unter Motor bis Tonne 13, dann werden Segel gesetzt. Eva am Steuer hält das Schiff im Wind. Als Groß- und Vorsegel stehen übernimmt der Autopilot die Steuerung. Backbord liegt die Insel Pampus und steuerbord das Muiderhoek. Direkten Kurs können wir nicht legen, wir müssen kreuzen. Einigen Wenden gelingen nicht sonderlich gut, mit der Zeit werden sie aber besser. Wir halten Kurs auf den Leuchtturm von Marken, der hier wegen seiner Bauweise Pferd von Marken genannt wird. Kurze Zeit später sind wir am Ziel. Volendam ist ein alter Ort, der sehr gut erhalten ist. Wir liegen im Hafen direkt vor der Stadt. Rings um uns herum tobt das Leben. Lautstark tönt Musik aus allen Restaurants und von einem Fährschiff. Die Menschen feiern den beginnenden Frühling. Eine Kellnerin erzählt uns, dass hier der erste sonnige Tag im Jahr alle spontan nach draußen lockt zum feiern und singen und trinken. Ein schöner Brauch. Am nächsten Morgen ist es leicht windig und Nebel liegt über dem Meer. Die Sicht reicht gerade so bis zur ersten Boje. Bernd und ich gehen zum Frühstück in die Stadt. Bis Ellis und Roy sich zeigen und der Nebel sich lichtet haben wir noch Zeit für einen Bummel über die Hafenmole. Mittags können wir aufbrechen, der Törn zurück ist entspannt bei raumen Wind und wenig Fahrt. Ellis und Roy ziehen den Spinnaker auf, wir fotografieren. Kurz vor dem Heimathafen überfällt uns bei Flaute ein Schwarm von tausenden Eintagsfliegen, da heißt es nur noch Motor an und nix wie weg. Zurück im Hafen sind wir sehr zufrieden mit uns und der Welt. Ein Törn mit Freunden hat den Vorteil, dass man Bilder von sich selbst auf dem Schiff erhält. Ein paar Tage nach unserem Ausflug überrascht uns Roy mit einem kleinen Video. Wir sind begeistert. Link zu Roy's ▷ Video (ggf. Proxy-Server verwenden).
IJsselmeer Törn
Anfang Mai kommen erstmals Freunde an Bord. Wir segeln gemeinsam nach Muiden und besichtigen Amsterdam. Beim Abschied gibt es viel Lob für uns. Mitte Mai legen wir ab zu unserer ersten mehrtägigen Segeltour „Ums Revier“. Bei gutem Vorwindkurs geht es nach Lelystad. Bis zum frühen Nachmittag läuft alles entspannt, dann nimmt der Wind zu und wird böiger. Dunkle Wolken ziehen auf. Bei kräftigem Wind und reichlich Schräglage refft Bernd die Segel. Selbst im Jachthafen Lelystad Haven bläst der Wind stark. Bernd sieht nur eine Chance anzulegen, nämlich in Luv an den Meldesteiger. Als wir festliegen bringen wir noch zusätzliche Fender an. Wie wir bei dem Wind ablegen sollen bleibt unklar. Der Hafenmeister kennt die Situation, er erlaubt uns, am Meldesteiger liegen zu bleiben – was ein Glück. Wir essen im Hafenrestaurant Spareribs und erinnern uns an unseren Besuch hier vor etwa einem halben Jahr, damals noch auf der Suche nach "unserem Schiff". Am Abend beginnt es stark zu regnen und hört bis zum nächsten Mittag nicht mehr auf. Der Wind läßt einfach nicht nach und die Wolkendecke reist nicht auf. Wir beschließen, noch eine Nacht zu bleiben. Am 15. Mai segeln wir bei schönstem Wetter weiter nach Urk. Dazu müssen wir die Houtribschleuse passieren. Eva ruft den Schleusenmeister mit dem Handy an und der weist uns ohne Wartezeit in die Backbordschleuse ein. Nur für uns wird der Verkehr auf der Staße angehalten, um die Brücke zu öffnen. Der Hub ist verschwindend gering und sobald wir fest liegen können wir schon fast wieder losmachen. Wir sind nun wirklich auf dem IJsselmeer. Bis zum Hafen von Urk brauchen wir noch etwa eine Stunde. Wir sind früh da und bekommen einen Liegeplatz an der Mole. Urk war früher eine Insel, bis die ehemalige Zuiderzee zum IJsselmeer wurde. Der Ort ist als Fischerdorf bekannt, am Hafen ist immer viel los. Wir laufen vom Hafen zum Leuchtturm und wir gönnen uns einen Kaffee mit köstlicher Apfeltart. Am späten Nachmittag taucht die untergehende Sonne die Stadt in fast goldenes Licht. Wir gehen nochmal los zum Denkmal der Fischerfrau, das der Fischer gedenkt, die nicht mehr zurückgekehrt sind: "Velen in zee gebleven hier staan ze ingeschreven". Unser nächstes Tagesziel ist Enkhiuzen. Diese Tour ist so richtig nach Evas Geschmack, entspanntes segeln mit lauem Wind bei schönstem Sonnenschein. Im Companieshaven melden wir uns telefonisch beim Hafenmeister und bekommen einen Liegeplatz zugewiesen. Das erspart uns das Manövrieren auf sehr engem Raum mit viel Verkehr. Enkhiuzen erlebte seine Blütezeit im Mittelalter als Zentrum der Heringsfischerei. Durch die Niederlassung der Niederländische Ostindien-Kompanie wurde die Stadt zum großen Seehafen. Aus dieser Zeit stammen die meisten sehr gut erhaltenen Bauwerke und Stadtanlagen. Heute ist der Wassersport und Tourismus bedeutend für den Ort. Entsprechend findet der Stadtbummler viele einladende Restaurants, Cafés und Geschäfte für einen kurzweiligen Aufenthalt. Über Nacht ist der Wind ganz eingeschlafen. Am Samstag motoren wir wegen großer Nullwindpause bei spiegelglatter See nach Hoorn. Wir passieren das Naviduct, fahren im Trog über die Autostraße und sind wieder im Markermeer. Die Überfahrt ist kurz und schon nach knapp zwei Stunden legen wir im Grashaven vor der Stadt an. Der Name der Marina kommt nicht von ungefähr, es gibt hier jede Menge Wasserpflanzen die wir an Kiel und Ruder eingesammelt haben. Mit einem kurzen kräftigen Schub im Rückwärtsgang sind wir den Ballast wieder losgeworden. Auch Hoorn erlebte seine Blütezeit im Mittelalter als florierende Handelsstadt. Schiffe aus Hoorn fuhren über die Weltmeere und kehrten reich beladen mit Handelsware heim. Gewürze wie Pfeffer, Muskatnuss, Nelken und Muskatblüte wurden verkauft. Auch in Hoorn ist die alte Bausubstanz sehr gut erhalten, restauriert und gepflegt. Die jahrhundertealten Denkmäler bilden eine prachtvolle Kulisse, in der Provinz Noord-Holland bezeichnet man Hoorn als Denkmalstadt. Am Sonntag, dem 18.Mai, beenden wir unseren kleinen Törn. Bei leichtem achterlichem Wind setzt Bernd das Vor- und Großsegel zum „Schmetterling“ zusammen. Mit dieser Besegelung kommen wir bis zu unserer Hafeneinfahrt. Am Montag wird "Klar Schiff" gemacht und am Dienstag fahren wir nach Hause. Eine große Familienfeier ist angesagt.