Peloponnes
Aufbruch
Der Frühling in Deutschland läßt lange auf sich warten und der Alltag zu Hause ist bestimmt von schlechten Nachrichten und Panikmacherei über die Ausbreitung des Coronavirus. Seit November 2020 sind wir im Wellenbrecher-Lockdown. Unter Umgehung des Förderalismus ermächtigt sich die Regierung noch zur "Bundes-Notbremse". Mit #allesdichtmachen starten 53 Schauspieler eine Internetaktion gegen Medien und Bundesregierung ( ▷ Video U.Tukur). Uns erinnert die Aktion und die Reaktion der Machthaber an die Protestaktion von DDR-Künstlern gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns vom November 1976. Viele Unterzeichner wurden damals so unter Druck gesetzt, dass sie ihre Unterschriften zurücknahmen. So auch jetzt, nach kurzer Zeit löschten viele Teilnehmer ihre Videos und übten Selbstkritik. Doch nach wie vor gilt das alte Dichterwort "Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit" (F. Schiller). Als Anfang Mai sowohl Italien als auch Griechenland die Öffnung der Hotels und Außengastronomie bekanntgeben entschließen wir uns, so schnell als möglich auf unser Boot zu kommen und wieder selbstbestimmt zu leben. Flüge sind bis Mitte Mai ausgesetzt, uns bleibt nur der Landweg mit Auto und Fähre. Wir füllen allerlei Corona bedingte Formulare für Transit und Einreisen aus und gehen am Vorabend der Abreise noch zum Corona Schnelltest. Am Samstag morgen, dem 08.05.2021, fahren wir los. Auf der ungewöhnlich leeren deutschen Autobahn kommen wir sehr schnell voran. Mittags sind wir an der österreichischen Grenze und werden als Transitfahrer einfach durchgewunken. Wir fahren weiter über den Brenner und kommen ohne Kontrolle nach Italien. In Verona nehmen wir ein Hotel am Rande der Altstadt neben dem Castelvecchio und der Etsch. Erstmalig seit unserer Abreise von Preveza letztes Jahres können wir hier wieder in einem Restaurant zum Abendessen Platz nehmen. Es gibt Tagliatelle mit Pfifferlingen und Trüffel, dazu einen Weißwein vom Gardasee. Die Altstadt ist voller Menschen, die Gaststätten gut besucht. Wir bummeln noch über die Piazza Brà zur Arena di Verona. Tags drauf fahren wir Richtung Venedig zum Fährhafen Fusia. Dort holen wir unsere Papiere im Hafenbüro und dann geht es an Bord die Fähre "Olympic Champion" der griechische Reederei ANEK Lines. Wir fahren etwa 25 Stunden bei ruhigem Wetter über die Adria nach Igoumenitsa, Griechenland. Nach der Ausschiffung wirft ein Kontrolleur einen flüchtigen Blick auf das Ergebnis unserer Schnelltests, der gesamte Papierkram wurde nicht gebraucht.
Cleopatra Marina Préveza
Dienstag 11.05.2021. Die Impuls hat den Winter auf dem Trockendock gut überstanden. Wir hatten im Herbst diverse Reparaturen und Wartungsarbeiten beauftragt, die zu unserer Zufriedenheit ausgeführt waren. Nachdem alle offenen Rechnungen beglichen sind wird die Freigabe für das Einkranen erteilt und wenig später liegt unser Schiff bei strahlendem Sonnenschein am Steg. Dann gibt es für uns überraschenderweise doch ein Problem: wir bekommen in der Cleopatra Marina keinen Parkplatz für unser Auto. Einzige Möglichkeit wäre, einen Folgevertrag für nächsten Winter abzuschließen, was wir aber nicht wollen. Am Abend entwickeln wir die Idee Rund Peloponnes zu segeln, Anfang Juli mit dem Auto wieder nach Hause zu fahren und Ende August mit dem Flieger nach Préveza zurückzukehren. Das Parkplatzproblem löst sich in der nebenan liegenden "Ionion Marina". Hier werden wir das Schiff über den Sommer an Land stellen. Die Gebühr für den Stellplatz ist sogar preiswerter als in der Cleopatra Marina und das Personal ist sehr freundlich und entgegenkommend. Beim Abendessen im Restaurant von Frieda erfahren wir, das der Kanal von Korinth wegen eines Erdrutsches gesperrt ist und auch lange Zeit gesperrt bleibt - also erneut Planänderung.
Préveza - Sivota
Freitag 14.05.2021. Der erste Törn in diesem Jahr führt uns über bekannte Pfade. Mittags passieren wir die Schwimmbrücke in Lefkas. Dann den Lefkas-Kanal südwärts, vorbei an Nidri und zwischen den Inseln Meganisi und Lefkas zu Südseite von Lefkas in die Bucht von Sivota. Wir werden sehr gastfreundlich begrüßt als wir vor der Taverne Spiridoula anlegen. Dann gibt es ein Anlegerbier und leckere Miesmuscheln. Unser Tisch steht direkt hinter dem Heck der Impuls. Es sind nur wenige Gäste in der Bucht, die Tavernen bereiten die Stege für Gastlieger und Charterer vor. Morgen soll der Lockdown in Griechenland aufgehoben werden und Liegeplatzinhaber dürfen dann wieder Segler empfangen.
Sivota - Kastos
Montag 17.05.2021. Nach zwei Regentagen legen wir ab. Unser Ziel ist die kleine Insel Kastos südöstlich von Meganisi. Die meisten der 50 ständigen Einwohner leben in der Hafenstadt Kastos im Osten der Insel. Der kleine Hafen ist gut ausgebaut aber vom Fischfang kann hier keiner überleben. Man hofft auf Tourismus und Seglergäste. Es gibt mehrere Unterkünfte, Tavernen, ein Cafe, einen Badestrand und auch eine Fähre zum Festland. Wir verbringen den ruhigen Abend in der Taverne Belos und auf der Impuls.
Kastos - Mesolongi
Dienstag 18.05.2021. Von Kastos geht es mit südöstlichem Kurs vorbei an vielen dem Festland vorgelagerten Inseln Richtung Golf von Patras. Die unbewohnte Insel Oxia umrunden wir ostwärts. Vom Festland fliessen hier die Flüsse Acheloos und Evinos in den Golf von Patras und bilden eine riesige Lagunenlandschaft. Wir navigieren mit reichlich Abstand von der Ebene aus angeschwemmten Land. Als der Wind aufgefrischt, setzen wir das Vorsegel. Mesolongi liegt auf einer Halbinsel mitten in den Lagunen. Ein 2,5 sm langer betonnter Kanal führt in den Hafen. Im Hafen weht ein starker Wind. Der Hafenmeister weist uns einen Platz auf Lufseite des Anlegers zu. Wie befürchtet geht das Anlegemanöver schief. Bevor wir die Mooringleine übergeben bekommen drückt der Wind das Schiff quer. Zum Glück ist genug Platz und so legen wir uns, unter Mithilfe einiger Segler, längseits an den Steg. Am nächsten Tag besuchen wir die über einen Kilometer entfernte Stadt. Wir sind echt positiv überrascht über die zahlreichen Geschäfte und Restaurants und die gepflegten Anlagen. Mesolongi gilt bis heute als Symbol des griechischen Widerstands gegen die osmanische Herrschaft (Griechische Revolution 1821-1829). In einem kleinen Park am Rande der Innenstadt befindet sich der "Heldengarten". Berühmte philhellenische Freiheitskämpfer sind hier in Denkmälern verewigt, allen voran der britische Adlige Lord Byron, der die Griechen mit Geld und Waffenlieferungen unterstützte. Lord Byron starb in Messolonghi, unter seiner Statue wurde sein Herz bestattet, sein Körper wurde nach England überführt.
Mesolongi - Trizónia
Freitag 21.05.2021. Nach der Ausfahrt aus dem Kanal legen wir Kurs auf den Golf von Korinth. An dessen Eingang liegt die zweitlängste Schrägseilbrücke der Welt, die Rio-Andirrio-Brücke. Der Brückenbau war eine große Herausforderung, hier ist Erdbebengebiet, der Peloponnes entfernt sich jährlich um mehrere Millimeter vom Festland und die Brückenpfeiler mussten auf nicht tragfähigen Boden gebaut werden. Vier Pylone tragen die 2.883 m lange Fahrbahn, die Durchfahrtshöhe beträgt 52 m. Fünf Seemeilen vor der Brücke muß man über Funk (VHF14) seine Absicht zur Durchfahrt ankündigen, sowie Schiffslänge und Masthöhe melden. Von "Rion Traffic" bekommt man dann gesagt, wo man die Brücke passieren darf: "One pillar to the right and three pillars to the left". Nach der Brücke können wir Segeln und die momentane Strömung von 1-2 Knoten schiebt uns Richtung Trizonia, einer kleinen Insel im Golf von Korinth. Die östliche Bucht ist zum Hafen ausgebaut. Es gibt ausreichend Platz so dass wir längseits an der Kaimauer festmachen. Die Mauer ist aus grobkörnigem Splitt und Kiesel in Beton gegossen. Als der Wind zulegt müssen wir unsere Gangway zum Schutz als Fenderbrett einsetzen. Im Restaurant lernen wir die Tiroler Gabi und Norbert von der SY "Tisca" kennen. Wir sind uns auf Anhieb symphatisch und leeren beim Plaudern so manches Glas Wein.
Trizónia - Galaxidi Ausflug Delphi
Sonntag 23.05.2021. Kaum sind wir aus der Bucht raus schläft der Wind ein. Durch die Fahrt unter Motor wird die Batterie zwar geladen aber nach zwei Tagen ohne Strom wäre ein gut ausgestatteter Hafen nicht schlecht. Wir entscheiden uns gegen Itea für die kleine alte Handelsstadt Galaxidi und werden nicht enttäuscht. Bei der Einfahrt in die Bucht sieht man eine Kirche auf einem Hügel über der gepflegten Hafenmole, die von restaurierten Kapitänshäusern mit Cafes und Tavernen gesäumt ist. Wir legen mit Buganker an. Es ist Sonntag mittag, alle Gaststätten sind voll. Wir müssen lange nach einem freien Tisch suchen. Am nächsten Tag mieten wir ein Auto. Zuerst schauen wir uns den Hafen von Itea an und sind froh, dass wir uns für Galaxidi entschieden haben. Weiter geht die Fahrt in das sagenumwobene Delphi. Auf der Terasse einer Taverne im Dorf Delfí, mit herrlichem Blick über die weite Ebene von Amfissa-Itea mit ihren Olivenhainen bis zum Meer, essen wir zu Mittag. Dann beginnen wir die Besichtigung im Archäologischen Museum. Hier gelten Coronaregeln wie Maskenpflicht und Abstandshaltung, außerdem ist die Zeit für den Rundgang auch ohne Andrang auf eine Stunde begrenzt. Unter den Exponaten fällt uns besonders die Sphinx auf, die die Bewohner der Insel Naxos dem Heiligtum des Apollo stifteten. Nach dem Museumsbesuch wird die Besichtigung im Außenbereich bei den archäologischen Ausgrabungsstätten fortgesetzt. Delphi war in der Antike ein gesamtgriechisches Heiligtum. Pilgertourismus, Orakel Gebühren und Weihgaben machten es reich. Der Weg ist gut ausgebaut aber der Besucher muß schon reichlich Phantasie und Vorstellungskraft entwickeln um in den wenigen Ruinen die Pracht der ehemaligen Tempel und Anlagen zu erkennen. Vom Apollo Tempel stehen noch 6 von 38 dorischen Säulen eines Neubaus aus dem 4.Jh., der alte Tempel war durch ein Erdbeben zerstört worden. Wir besichtigen noch das antike Theater, dann steigen wir zum Ausgang hinab.
Galaxidi - Trizónia
Mittwoch 26.05.2021. Wir entscheiden spontan heute noch nach Trizónia zu fahren. Gegen Mittag legen wir ab, der Weg führt durch die vorgelagerten Inseln zum Kap Andromakhi. Dort frischt der Wind auf und wir fahren gegenan zur Insel Trizónia. Hier gibt es ein Wiedersehen mit Gabi und Norbert. Der Wind hält uns noch zwei weitere Tage fest. Vom Hafenmeister erfrahren wir, dass die Arbeiten am Korinth Kanal bis zu 2 Jahren dauern könnten, keine guten Aussichten.
Trizónia - Nafpaktos - Patras
Samstag 29.05.2021. Da der Korinth Kanal geschlossen ist, entscheiden wir uns entlang der Westküste des Peloponnes bis Kalamata zu fahren. Auf dem Weg nach Patras wollen wir der alten Hafenstadt Nafpaktos (ital. Lepanto) einen Besuch abstatten. In der ▷ Seeschlacht von Lepanto (1571) besiegte die von Papst Pius V. initiierte Heilige Liga (Spanien, Venedig, Genua u.a.) die osmanische Flotte. Dabei standen hier im Golf 206 Galeeren und 6 Galeassen der Liga, 255 Galeeren der Osmanen gegenüber. Die Galeerenschlacht endete mit einen Sieg der Heiligen Liega und leitete das Ende der türkischen Vorherrschaft im Mittelmeer ein. Im Mittelalter wurde die Stadt den Venezianern überlassen und stark befestigt. Wir schauen uns die Befestigungsanlage nur von der Seeseite an, weil wir über die Wassertiefe im Hafenbecken keine verlässlichen Angaben haben. Weiter geht es zur Rio-Andirrio-Brücke bei deren Durchfahrt uns Delphine begegnen. Wir deuten dies als ein gutes Zeichen. In Patras, der drittgrößten Stadt Griechenlands, steuern wir zuerst die nördlich gelegen Patras Marina an, werden aber abgewiesen. Wir finden einen Liegeplatz in der weiter südlich gelegenen Nautilus Marina. Über den Trion Simmachon Platz gehen wir zur Agios Nikolaos Kirche. Hier beginnt die gleichnamige Treppe zur Oberstadt. Es ist heiß, trotzdem steigen wir die 193 Stufen hinauf und werden oben angekommen mit einem herrlichen Rundblick belohnt. Nach dem Abstieg halten wir uns links und gelangen zum zentralen Platia Georgiou I. Hier befinden sich zwei barocke Brunnen und das vom deutschen Architekten Ernst Ziller entworfene Apollo Theater. Vor dem Theater Jugendliche die für höhere Löhne demonstrieren, wie wir später in einem Straßenrestaurant erfahren.
Patras - Killini
Sonntag 30.05.2021. Die Hafenausfahrt führt uns am Leuchtturm von Patras, einem Wahrzeichen der Stadt, vorbei. Wir nehmen Kurs auf das Kap Araxos, auch Kap Pappas genannt. Es ist der nordwestlichste Punkt des Peloponnes und trennt den Golf von Patras vom Ionischen Meer. Das Wasser kann hier durch Anschwemmungen recht flach werden. Durch Unachtsamkeit bekommen wir die Leine einer Fischerboje vor den Kiel, zum Glück löst sie sich wieder ohne im Ruder hängen zu bleiben. Nach dem Kap frischt der Wind auf, das Schiff stampft durch eine unangenehme Welle nach Killini. Hinter dem Fährhafen gibt es einen kleinen Hafen für Segler und Fischer. Nur ist der leider voll. Über VHF12 fragen wir nach einen Liegeplatz, nach einiger Zeit bekommen wir die Erlaubnis am Kopf der Hafenmole festzumachen. Das Anlegen gegen den Wind erweist sich als äußerst schwierig, da der Bug immer schneller wegdreht als wir ihn festmachen können. Wir brauchen ganz sechs Versuche ehe wir festliegen.